16 Juli 2010

Die weggeschwommene Filmstadt Paria und noch mehr Erosionen

Flash flood (Sturzflut) ist wahrscheinlich das Haupt-Wort des diesjährigen USA-Ausfluges. Immer wieder, und vor allem in den Wüstengebieten taucht der Begriff auf, vor allem auf Warnschildern. In den hiesigen Wüstengebieten gibt es tatsächlich im Sommer auch heftige lokale Unwetter mit großen Regenmengen in einem begrenzten Gebiet. Der Boden kann diese Mengen aber gar nicht aufnehmen, also versammeln sich alle Wasser und machen sich in reissenden Strömen auf den Weg durch die Wüste. Manchmal kilometerweit vom eigentlichen Unwetter entfernt kann man so noch von einer Flut überrascht werden und es reichen bereits ein paar Zentimeter strömendes Wasser, um in echte Probleme zu kommen. Deshalb findet man oft und vor allem in Gebieten mit unpaved roads diese Warnungen.
In einem solchen Gebiet war ich im ersten Teil des heutigen Tages unterwegs. Auf der Fahrt von Page in Richtung Bryce Canyon kam igendwo ein Hinweis "Historical Marker" und ich wollte sowieso mal kurz vom Highway runter. So ein Marker weist in der Regel auf einen historisch interessanten Platz hin und wie es der Zufall wollte, landete ich am Beginn der Strasse in den Paria Canyon und in Richtung der ehemaligen Filmkulissenstadt Paria. Das wort steht im Deutschen in etwa für Aussenseiter oder Ausgestoßener und so kann man sich den Ort auch vorstellen. Vom Highway führen etwa 5 Meilen Schotterpiste, Sandstraße und/oder ausgewaschene Fahrrinne hinab zum Paria River, ganz unten im Canyon. 4WD und high clearance recommended - versteht sich. Anders geht es gar nicht und die Qualitäten meines Jeep Wrangler werden wieder mal gefordert. Ganz unten stellt sich leider heraus, dass von der Kulissenstadt Paria so gut wie nichts mehr übrig ist. Sie wurde bei einer dieser flash floods vor einigen Jahren völlig zerstört und weggespült. Nur - Ironie der Geschichte - der Friedhof ist unversehrt vorhanden... Dabei hätte ich mir so gerne eine Hilfe genommen bei der Vorstellung, wie John Wayne schwitzend auf der staubigen Straße steht, die Hand am Colt... high noon. Tatsächlich wurden hier einige Westernfilme gedreht und die Landschafts-Kulisse ist entsprechend atemberaubend. Die Canyon-Wände ragen steil in den Himmel, während sich die Straße dazwischen hinabschlängelt. Ein paar Kutschen und ein Saloon, schon ist der Wilde Westen fertig. Wirklich schade, dass die Stadt nicht mehr steht, aber die Landschaft für sich ist den Abstecher sehr wert gewesen. Wenn nicht gerade doch noch ein Touristenauto vorbeifährt, herrscht hier Totenstille. In der Hitze regt sich kein Strauch, kein Vogelgezwitscher, ab und zu mal eine Fliege, die vorbeikommt. Man hört das Blut in den Ohren rauschen...

Der Friedhof von Paria - der ist übrigens echt. Hier liegen die Siedler aus dem 19. Jahrhundert begraben.

Übrigens gehen die Informationen über die Zerstörung auch auseinander. Zuweilen ist auch von einer Brandstiftung die Rede. Aber immerhin gibt es inzwischen eine Vereinigung, die sich den Wiederaufbau zum Ziel gesetzt hat. Ansonsten ist die Gegend trotz ihrer wunderbaren Landschaft sehr einsam. Große Teile der Umgebung sind strengstes Naturschutzgebiet und pro Tag werden nicht mehr als 20 Leute reingelassen, 10 mit monatelanger vorheriger taggenauer Anmeldung per Internet, die anderen 10 am Vortag per Lotterie. Diese Leute sehen dann aber auch ein Stück Natur, die ihresgleichen sucht auf dieser Welt. Ich habe (heute) nicht zu diesen Leuten gehört.
Die Film-Stadt Paria wurde also durch eine Sturzflut weggeschwemmt, allerdings war am heutigen Tag nichts von Unwettern zu merken. Genau wie in Deutschland hat sich auch hier so eine Hitzewelle übers Land gelegt, wobei man wissen muss, dass Hitze hier eigentlich erst bei 38° Celsius losgeht.
Nach dem Ausflug in die Filmwelt bin ich weiter nach Norden gefahren, um den Bryce Canyon National Park zu besuchen. Das ist auch wieder so ein wunderbares Naturschauspiel über Geologie und Erosion. Der Begriff Canyon ist hier eigentlich nicht richtig, denn die Schlucht wird nicht durch einen Fluss eingeschnitten, sondern Wind und Wetter tragen das Material fort und es entsteht, wie es so schön heißt, ein natürliches Amphitheater. Ein faszinierendes Landschaftsschauspiel, das täglich von vielen tausenden Leuten bewundert wird (und das sich der US National Park Service fürstlich entlohnen läßt...). Für einen Tagesausflug ist der Park und die Wandermöglichkeiten viel zu groß, aber ich bin trotzdem weitergefahren bzw. wieder Richtung Süden, denn so langsam möchte ich mich wieder Kalifornien nähern und vorher noch einen 2-Tages-Abstecher nach Las Vegas und Umgebung machen.
Fazit des Tages: in der Wüste auf flash floods achten und mit diesen nicht spassen. Außerdem noch viel wichtiger: wenn ich mir so im Internet anschaue, was die Staaten Arizona und Utah noch im Verborgenen zu bieten haben und was bei etwas mehr Zeit, Mut und Vorbereitung möglich ist... ich merke, ich sollte künftig etwas mehr einplanen, als nur die Vista Points für Automobilisten.

Bryce Canyon National Park - ohne Worte

2 Kommentare:

Christiane hat gesagt…

Beeindruckend! Bitte so einen Stein auch, ja? :D

Michael hat gesagt…

Nee Christiane, die Steingeschichte habe ich schon abgehakt und hierher komme ich auch nicht zurück... aber ich bin sicher, dir gefällt auch ein anderer. Außerdem ist das sowieso so eine Sache mit Mitnehmen von Gegenständen. An vielen Orten ist es ausdrücklich verboten, und ich wollte Ärger aus dem Weg gehen ;-)