Okay, Tag 1 - für Sebastian - war warm (34°), feucht (irgendwo zwischen 60 und 80 % rel. Luftfeuchtigkeit) und anstrengend (dafür gibts noch keine Skala). Aber den nach oben strebenden New-York-Besucher (wiederum nur Sebastian) hindert dies nicht, das volle Programm auch am zweiten Tag zu fahren. Also ging es wieder hinein in den Big Apple, wiederum mit der Pendlerbahn, mit der man wunderbar aus Connecticut direkt ins Herz von Manhattan fährt. Für die Eisenbahner ist das der Grand Central Terminal, einer unterirdischer Kopfbahnhof, dessen Gleise aus allen Richtungen auf das riesige Bahnhofsgebäude zulaufen. Im Gleisbereich selbst ist die Temperatur bestimmt zehn Grad höher als draussen (34°+10°=44°) und erinnerte mich eine wenig an die vorher besuchten Wüsten, mit dem Unterschied, dass letztere sehr viel weitläufiger sind und erheblich dünner besiedelt. Der Schwung Menschenmasse, der aus dem Zug quillt, muss über einen engen Bahnsteig geleitet werden, bevor er sich in der großen Halle oder in der "Fressmeile" verläuft - abgesehen von den Schlagen vor den WC's. Von hier aus ging es für uns dann zu Fuß in irgendeine Richtung. In Europa würde man sagen "Richtung Zentrum" aber das ist in Manhattan etwas schwierig: hier ist alles Zentrum. Jedenfalls ging es erstmal auf der 42nd Street Richtung Westen bis zur Public Library. Ein Katzensprung von ca 500 Metern. Die Bibliothek ist in doppelter Hinsicht in Nutzung: durch Leser und durch schauende Besucher. Nach einem kurzen Taschen-Check stehen fast alle Räume offen. Die Atlantensammlung (war sie es wirklich?), die Sammlung der Bücher mit den Namen der Einwanderer (???), der große Lesesaal. Und hier gibt es ein echtes Highlight zu bewundern, eine der erhalten gebliebenen Gutenberg-Bibeln (B42), die, hinter dicken Glasscheiben, aber ansonsten völlig frei, zu bewundern ist. Als Fan der Buchdruckkunst und deren Verehrer - das muss in der Familie liegen - war das für mich natürlich ein Höhepunkt, obwohl ich gar nicht wußte, dass ein solches Stück hier ausgestellt wird. Sebastian hat sich noch protzig an einen der Lesetische gesetzt, aber ohne Bücher war das nur wenig glaubwürdig, aber immerhin: wenigstens mal hier gesessen.
Von den Tiefen der Bibliothek zum nächsten Himmelsstürmer ist es wiederum nur ein kleiner Hüpfer, den man zu Fuß erledigen kann. Das Empire State Building befindet sich zehn Straßenblöcke südwärts und magisch noch mehr Touristen an. Die Warteschlangen an den Aufzügen sind lang und die Eintrittsgelder so hoch wie das Gebäude selbst. Für uns hieß das: von unten nach oben schauen und mal im Inneren die Architektur bewundern, aber hohe Hochhäuser gibts auch noch andere und auch an anderen Tagen. Das ESB läuft nicht weg. Das Foto zeigt, wie der Tourist von unten bewundert...
Grimaldis Pizza - in Brooklyn, unter der Brooklyn Bridge - sollte unser nächstes Ziel sein, aber in Amerika haben sich die Leute im Gegensatz zu uns Ostdeutschen an das Schlangestehen gewöhnt. Vor dem Restaurant standen die potentiellen Pizza-Esser in einer 100 Meter langen Schlange und begehrten Einlass. Das war uns auch wiederrum zu viel, zu lang und zu sonnig, so dass wir mit dem Taxi zur Brooklyn Brewery fuhren, um unseren Hunger in Bier zu ertränken. Die Brooklyn Brewery ist der dafür geeignete Or: in angenehm kühlen Hallen, zu deren Zutritt man token's erwirbt, die gegen Bier getauscht werden, trinkt man selbiges aus und begibt sich hernach in die brennende Sonne zurück. Glücklicherweise sind die Straßen hier nicht so stark befahren. Ein abschließender Spaziergang über die Bedford Ave und deren Läden, Kneipen und Gaststätten hilft ebenfalls, die verschiedenen Bestandteile des Brooklyner Biers abzubauen.
Fazit des Tages: für Brooklyn müßte man sich viel mehr Zeit und Muße nehmen. Für die Public Library viel mehr Zeit. Und für das Empire State Building viel mehr Geld.
Zurück in Trumbull gab es an diesem Abend noch ein wunderbares Grillfest mit Marks Nachbarn, einer Familie aus Vietnam. Die Leute waren zwar etwas reserviert, am späteren Abend und nach dem gemeinsamen Essen und Spielen mit den Kindern gab es noch viel zu hören aus dem Leben der Einwanderer, die von Vietnam aus per Boot "vor den Kommunisten" geflohen sind. Echt krass, was diese Leute erlebt haben, während wir ganz gemütlich vor 20 Jahren zur Demo gegangen sind... Das ist das Schöne an Amerika: die Leute kommen von überall her und fast jeder kann eine Lebensgeschichte erzählen, die den Zuhörer in ihren Bann schlägt. Leider leider habe ich von diesem wunderbaren Abend überhaupt kein einziges Foto gemacht...