30 April 2012

Vier Sights zum Auftakt

Nach einer langen Nacht, die wegen des frühen Zubettgehens allerdings bereits gegen 5 Uhr zu Ende war, ging es also heute morgen auf Tour. Erst Abstecher zum Walmart-Supercenter, um noch alles das zu kaufen, was nicht ins Flugzeug ging: eine Palette Wasserflaschen, T-Shirts, sonstige Ausrüstung - solche Sachen. Dann ging es erstmal Richtung Süden in den Ort South Jordan, südlich von Salt Lake City. Für alles andere war es noch zu früh, doch in der Kennecot Bingham Canyon Copper Mine wird durchgearbeitet und ab 8 kann der geneigte Tourist diese Kupfermine besichtigen. Sie ist die tiefste, im Tagebau betriebene Mine der Welt und vom Besucherpunkt am oberen Rand kann man eine Flotte von 150 Muldenkippern, Baggern und allem, was dazugehört, bei der Arbeit zuschauen. Wie Ameisen, bloss planmässiger, krabbeln und kriechen sie die Serpentinenstrassen hinab und hinauf und fördern neben Kupfer noch Edelmetalle wie Silber und Gold nach oben. Eine gigantische Grube an der Stelle, wo sich einmal ein Berg befand. Für Technik-Interessierte ein lohnender Abstecher, wenn man auf den Tabernacle Choir der Mormonen verzichten will, der nämlich zeitgleich in der Mormonenzentrale seinen sonntäglichen Auftritt hat. Und damit sind wir nun schon da angekommen, wo die ganze Geschichte von Utah und Salt Lake City begonnen hat: mit den Mormonen.

A different Kind of Canyon - Bingham Canyon Mine

Um das Jahr 1820 herum erhielt ein Mann namens Joseph Smith während seiner Suche nach der wahren, richtigen Kirche eine göttliche Offenbarung, in deren Folge er eine eigene Religionsgemeinschaft gründete, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage. Das ist die Kurzfassung. In Wahrheit ging die Sache etwas turbulenter zu und die neue Gemeinschaft stiess trotz vieler Anhänger auch auf erheblichen Widerstand in der Gesellschaft, was unter anderem zu Smith's Tod führte (ein wütender Mob tötete ihn während seiner Kandidatur zum US-Präsidenten...). Aufgrund der Verfolgung ihrer Mitglieder - und vielleicht auch, um ungestört den eigenwilligen eigenen Regeln nachgehen zu können - verlegten sich die Mitglieder in den Westen, an den Grossen Salzsee, und gründeten dort die Stadt Salt Lake City und den heutigen Staat Utah.

Die Stadt selbst wird auch heute von ihnen dominiert, nicht zuletzt durch den Tempelbezirk im Zentrum. Das Areal beherbergt den Salt Lake Temple, den nur würdige Mitglieder betreten dürfen. Weiterhin gibt es ein gigantisches Tagungszentrum, innen mit Kirschholz verkleidet und ein Garten auf dem Dach. Die Verwaltungszentrale der Kirche ist ein 26-stöckiger Wolkenkratzer und der Tabernacle Choir, der jeden Sonntag öffentlich auftritt, hat 360 Mitglieder. Was braucht es noch, um zu zeigen, dass man sich etabliert hat? Ach ja: das Auditorium im Kongresszentrum hat Sitzplätze für 21.000 Besucher... Ich finde das alles etwas überdimensioniert. Allein der Chor - 360 Leute! (Das Singen macht doch mit 20 Chormitgliedern viel mehr Spass.)
Der Tourist wird hier allerdings durchaus freundlich und offen empfangen. Es gibt diverse Besucher-Informationen, alle mit einen missionarischen Touch versehen, der zeigen soll, dass die Wurzeln das Frühchristentum sind, das nur auf ganz amerikanische Weise "weiterentwickelt" wurde. Im Tagungszentrum mit seinem wunderschönen Dachgarten hat jeder Einzeltourist oder Kleingruppe seinen oder ihren eigenen Guide (damit nicht auf dem Dach Picnics abgehalten werden - hat mir mein Guide selbst so erzählt) und auf dem Tempelgelände laufen die Missionarinnen mit angepinnten Landesflaggen herum, unter dem Arm die Bibel und das Buch Mormon. Letzteres ist übrigens wichtiger Teil der Offenbarung des Joseph Smith. Er bekam es vom Engel Moroni in Form goldener Platten, die natürlich nie jemand sonst gesehen hat. Beim Übersetzen sass Smith in einem durch Decken abgeteilten Raum und diktierte seine Übersetzung dem Schreiber auf der anderen Seite der Decke...
Nach einem halben Tag LDS hatte ich genug davon. Aber was tun mit dem Rest? Also noch auf zum State Capitol, einer Kleinausgabe des Kapitols in Washington. Es thront auf einem Hügel über der Stadt, alle Türen sind offen, aber ich bin offenbar der einzige Besucher heute. In dem Riesenkasten war sonst keine Menschenseele anzutreffen.
Zu guter Letzt bin ich dann noch zur Antelope Island gefahren, einem Park auf einer Insel im Salzsee. Über den schreibe ich dann morgen mehr. Der ist so gross...

Der Salt Lake Temple


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