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21 Mai 2019

Beauty vs. (holy) Beauty

Meine zuerst fast unverplante Tour hat sich jetzt, nach einer Woche, zu einer Reise entlang einer Perlenkette entwickelt, wobei die Perlen als historische Städte entlang der Ostküste Amerikas liegen.

Vom wunderhübschen Savannah ging es gestern nordwärts bis nach Charleston. Dieses Ziel hatte ich eingeschoben, obwohl ich 2007 bereits hier war, doch der direkte und zeitnahe Vergleich Savannah-Charleston reizte mich doch sehr und endlich muss nun einmal geklärt werden, welche Stadt die Schönste im ganzen Land ist. Die Savannahians hatten einen kleinen Vorteil: ich war zuerst dort und hatte mehr Zeit, mit den Leuten, soweit möglich, zu sprechen. Am besten geht das entweder an der Bar oder in der Kirche. Beide Betriebe haben gute Öffnungszeiten und die Angestellten wollen dafür sorgen, dass man noch länger bleibt. Somit habe ich also in Savannah zuerst erfahren, was es im Verhältnis zu Charleston zu klären gibt. Am lustigsten war der Fremdenführer in einer der Kirchen: "Ja, die in Charleston haben immer mit den Wirbelstürmen Pech. Der ganze Sturm zieht nach Norden und wegen der westlichen Lage von Savannah in einer grossen Bucht zieht der Sturm östlich über das Wasser vorbei und weiter nach Norden, und da liegt dann Charleston..."

Vor Abreise nach Charleston gab es im Umland von Savannah noch den Abstecher zur Wormsloe Historic Site, eine ehemalige Plantagenanlage aus dem 18. Jahrhundert. Die damaligen Plantagenbesitzer waren so unfassbar reich und verfügten mit ihren Sklaven über so viel Personalkapazitäten, dass sie sich noch jede Extravaganz leisten konnten. Im Falle von Wormsloe, wie auch an anderen Orten im Plantagen-Süden ist daraus eine der bekanntesten Strassen von Savannah geworden: die Oak Alley. Eine Strasse, gesäumt aus den bereits erwähnten Virginia-Eichen mit ausladenden Ästen quer über die Strasse. Ein beliebter Ort für Touristen, Film-Leute und andere. Das alte Plantagenhaus war leider nicht zu sehen, es befindet sich nach wie vor im Privatbesitz. Aber die Allee und der natürliche Blätter-und-Äste-Tunnel waren auch sehr beeindruckend und unvergesslich.

Oak Alley in Wormsloe. 

Heute war dann mein Vergleichs-Sightseeing Teil 2 angesagt. 8 Meilen die Strassen runter, Querstrassen, Häuser fotografieren und an jeder Kirchentüre klinken und schauen, ob offen ist. Die katholische Bischofskirche war offen und ich hatte diese ganz für mich allein. Niemand war da, keine Besucher, keine Aufpasser und natürlich auch der Bischof nicht.
In der Hugenottenkirche wurde ich gleich am Eingang vom  Besucherdienst empfangen. In der Episcopalkirche (Anglikaner) St. Michael übte gerade eine 2-Mann-Combo für den Worship. In der Deutsch-Lutherischen St. Johanneskirche war mein Kommen offenbar durch eine Kamera im Gemeindebüro mitgeteilt worden, denn plötzlich tauchte, mitten beim Fotografieren, eine Angestellte hinter dem Altar auf und begrüsste mich. Diese setzte dann auch den Pfarrer in Kenntnis, der mich ebenfalls nochmals begrüsste und mir seine Lebensgeschichte erzählte. Alle älteren Amerikaner waren irgendwann mal in Deutschland, meistens dann in Heidelberg, Mannheim oder Grafenwöhr (US Army), aber er, als Lutheraner-Pastor, war auch im Osten auf Luthers Spuren, u.a. in Eisleben, der Heimat meiner Eltern und Grosseltern. Da gab es natürlich viel zu erzählen.
Bei den anderen Deutsch-Lutheranern der St. Matthew's Church bin ich 5 Minuten vor Toreschluss angekommen, es reichte gerade noch für ein paar Fotos des wunderschönen Innenraumes und ein paar Worte mit der Aufsicht. Warum gibt es nun 2 Deutsch-lutherische Kirchen in Charleston? Irgendwann haben die Gemeindeältesten beschlossen, die Messen auf Englisch zu halten, daraufhin haben sich 100 Leute abgespalten und drehen ihr eigenes Ding in der neuen Gemeinde. Auf Deutsch...

Kathedrale St. John the Baptist

Hugenottenkirche 

Deutsch-Lutheranische Kirche St Matthew's

Deutsch-Lutheranische Kirche St. Johannes

Morris Street Baptist Church...

Und dass Charleston auch die den Beinamen Holy City trägt, hängt natürlich auch mit den Kirchen zusammen. Allein im inneren, historischen Stadtbezirk gibt es etwa 400 Gebetsstätten. Baptisten, Methodisten, Anglikaner, Lutheraner, Hugenotten, Katholiken und viele andere... "Aber", so steckte mir noch einer der Pastoren: "sie sind nicht alle gleich heilig"...

Zwischen allen Kirchen liegt die ganze alte Stadt Charleston. Für amerikanische Verhältnisse zu biblischen Zeiten gegründet, was ja irgendwie auch ins Bild der Pilgerväter passte, die das Land als neues, gelobtes Land besiedeln wollten. Die Gründung von Charleston fand 1670 statt, gerade einmal 50 Jahre nach ihrer Ankunft. An wenigen Stellen sieht man der Stadt das Alter noch an. Einige der immer noch gepflasterten Strassen können durchaus mehrere Jahrhunderte überdauert haben und sind für Amerika doch sehr ungewöhnlich.
Die prachtvollen Stadtvillen stammen zumeist aus dem 18. oder 19. Jahrhundert, als Charleston das Zentrum des Südens überhaupt war. In einigen der Villen haben auch durchaus berühmte Persönlichkeiten gelebt und gewirkt. Gleich mehrere Unterzeichner der Gründungsdokumente der USA, Richter, Generäle, Unternehmer usw. sind an ihren Wirkungsstätten verzeichnet. Heute sind diese Objekte Millionen wert, insbesondere im südlichen Bereich, Richtung Wasser hin. Viele dienen als Boutique-Hotel für die besonderen Ansprüche. Über die Immobilienpreise kann man sich an den Schaufenstern der Makler informieren. Leider nicht meine Preisklasse.



Das sieht doch auch ziemlich europäisch aus, oder?




So, und wie geht nun mein persönlicher Americas Most Beautiful City Contest aus? Also, wenn ich mich für einen Wohnort in den USA zwischen diesen beiden Städten entscheiden müsste, dann würde meine Wahl doch eher auf Savannah fallen. Die Stadt ist einfach gemütlicher und der historische Teil ist nicht so gross. Dazu kommen die wundervollen Parks und Strassen und und und... Es bleibt aber wohl Geschmackssache und jeder muss das selbst herausfinden. Dazu sollte man aber nicht mehr all zu lange warten, denn die Touristenzahlen steigen und damit die Preise und die Anspannung, wenn man in völlig übervölkerten Stadtvierteln entspannt spazieren gehen will. Letzteres war in den zurückliegenden Tagen meine Hauptbeschäftigung.

Morgen geht es dann weiter nach Norden bis nach Wilmington in North Carolina.

19 Mai 2019

Inside the Beauty

Nun war ich also zwei volle Tage in Savannah, der Südstaaten-Schönheit, und die Zeit ist rasend schnell vorbeigegangen. Als fotografierender Reisender könnte ich noch weitere Tage hier verbringen und immer wieder durch die Strassen ziehen. Die bestaunenswerten Häuser bieten immer wieder neue Fotomotive und kein Haus gleicht dem anderen. Wirklich keines. Dazu sind die Hauptstrassen mit Virginia-Eichen gesäumt, deren ausladende Äste quer über Strassen und Plätze greifen und das Gitternetz der Strassen quasi in einen Vegetations-Tunnel verwandeln. In dem könnte man tage- und wochenlang umherstreifen.

Das Rathaus

Viktorianischer Stil 

Oder Antebellum-Stil: Architektur aus der Zeit vor dem Sezessionskrieg.
Kathedrale St. John the Baptist - Neugotischer Stil

Es gibt auch noch anderes zu bestaunen. Heute, am zweiten Tag, war ich etwa noch im Prohibitions-Museum, welches sich den Jahren des totalen Alkoholverbotes in den USA (1920-1933) widmet. Gute Idee, das damals. Aber mit der menschlichen Sucht und Kreativität nicht vereinbar. Überall im Lande wurden illegale Distilleries ("Moonshining" - Schwarzbrennen) eröffnet und der Stoff in sogenannten Flüsterkneipen (engl. Speakeasy) verkauft. Darüberhinaus konnte man sich zB. Whisky auch als Medizin verschreiben lassen. Handel und Vertrieb übernahm rasch die organisierte Kriminalität, die dadurch erst so richtig Aufschwung nahm. Al Capone zum Beispiel, kennt jeder. Er sass auch im Gefängnis, aber die Regierung war hinsichtlich des Alkoholverbotes so schwach, dass sie ihn wegen Steuerhinterziehung einbuchten mussten... In Amerika ist alles ein bisschen schräg und das Kapitel der Prohibition ist es besonders. Schliesslich erkannte man das und sogar die einstigen Verfechter des Totalverbotes mussten einsehen, dass es so nicht weiterging. Im komplizierten Verfahren der Verfassungsänderungen in den USA wurde die landesweite Prohibition 1933 wieder abgeschafft. Natürlich nicht ohne Kompromiss: jeder Bundesstaat kann für sich jederzeit neu über ein Alkoholverbot entscheiden und die Bundesstaaten haben dieses Recht auf die Counties (Landkreise) weitergegeben. Und so kommt es, dass zu dem bunten Flickenteppich unterschiedlichster Gesetze noch einer hinzukommt: Wet Countys ("nasse" Landkreise, keine Beschränkung) - Semi-dry-Countys ("halbtrockene" Landkreise, teilweise Beschränkungen) - Dry Countys ("Trockene Landkreise", Alkoholverbot). Interessanterweise stehen einige der besten Whisky-Distilleries des Landes in Dry Countys...

Im Prohibitions-Museum konnte ich nun alles das miterleben. Eben so, wie es ein kleines Museum heute ermöglichen kann. Und das war nicht so schlecht. Am Ende der Ausstellung gab es sogar noch eine kleine Speakeasy-Bar mit echten Drinks (nicht im Preis inbegriffen).

Zwei Trinkbrüder lassen es sich gutgehen...

Kinder schöpfen Whisky aus der Gosse, der gerade weiter oben aus Fässern abgelassen wird.

Eng mit dem Alkoholverbot bzw. dessen Vorgeschichte verbunden ist das Bierbrauen. Einwanderer aus Europa, vornehmlich aus Deutschland, brachten diese Kunst in die Neue Welt und die Eisenbahn sorgte dafür, dass bald das ganze Land mit Bier versorgt werden konnte und unzählige Brauereien entstanden. Mit der Prohibition ging diese schöne Tradition den Bach runter, genau wie das Bier, als die Fässer zerschlagen wurden. Nur die allergrössten Betriebe konnten sich über die Zeit retten und dominierten nach 1933 lange den Markt. Doch auch das hat sich sehr zum Positiven geändert: erneut entstehen in den ganzen USA Kleinbrauereien, die den Konzernen Kunden abjagen und die ganz hervorragende Biere produzieren. Craft Beer ist voll im Trend und es gibt praktisch keine Kneipe mehr, die keines anbietet. Es gibt sogar Pubs, die ausdrücklich keine "verwässerten" Sorten verkaufen. Schöne neue Bierwelt. Das - und darauf wollte ich hinaus - ist auch in Savannah angekommen. Somit war es ein Genuss, tagsüber die Stadt zu durchstreifen und abends wunderbar Bier zu verkosten. Praktisch an jeder Ecke ist das möglich.

Am Vortag habe ich noch ein anderes Museum besucht, das Eisenbahnmuseum. Savannah hatte zur Hochzeit der Eisenbahn ein Depot mit über 600 Arbeitern, die hier die Dampflokomotiven warteten und reparierten. Vom Glanz dieser alten Zeit ist nicht mehr viel übrig, denn der Niedergang begann mit dem Einsatz von Diesellokomotiven. Dafür war das Depot nicht geeignet. So verkam alles im Laufe der Jahrzehnte, bis aus privater Initiative das Museum eröffnet wurde. Heute stehen ein paar Dampfloks, ein paar Dieselloks im Roundhouse, und wenn man zwischen den herumläuft, spürt man die Bedeutung des Wortes "Eisen". Das war Eisenbahn, nicht solche Plastikzüge, wie wir sie heute haben.
Im Eintrittspreis inbegriffen ist eine Eisenbahnfahrt auf dem Museumsgelände. Wer sich jetzt aber einen Rundkurs oder sowas vorstellt, muss leider enttäuscht werden. Immerhin funktioniert die Drehscheibe ("turntable") und der Zug mit einer Diesellok und einem Wagen wird erstmal auf ein Gleis geschoben, dann geht es 50 Meter raus ins Gelände, zurück zur Drehscheibe. Ein bisschen Rumpeln und wieder geht es 50 Meter auf dem Nachbargleis. Immerhin in eine der grossen ehemaligen Werkshallen. Es ist interessant, aber so ein privater Verein hat eben leider nur beschränkte Mittel und überhaupt ist von der vielen Eisenbahninfrastruktur nicht viel übriggeblieben, ausser diese paar Gleismeter.

Der Museumszug wird bereitgestellt.

Hier wird der Wortsinn von Eisen und Bahn nochmal spürbar.

Arbeitsplatz-Traum kleiner und grosser Jungs: ganz oben auf der Lok...

Morgen ist leider schon wieder Abreise. Dazu habe ich mich entschieden, nun auch noch der anderen "schönsten Stadt der USA" einen Besuch abzustatten: Charleston in South Carolina.




Unter diesem Blätterdach lässt es sich aushalten.


Diese Schönheit muss erst noch geweckt werden.


Lustig ging es erst nach der Prohibition wieder zu...

17 Mai 2019

Savannah, die Südstaatenschönheit

An der ganzen Atlantikküste der USA reihen sich die historischen Städte wie Perlen an einer Schnur. Drei besondere Perlen liegen weit im Süden: ganz unten St. Augustine (Florida), weiter im Norden Charleston (South Carolina) und auf etwa halber Strecke dazwischen liegt Savannah (Georgia). Während St. Augustine unbestritten den Titel der ältesten Stadt der USA für sich in Anspruch nehmen darf (Gründung 1565), geht es in der Rivalität zwischen Charleston und Savannah durchaus manchmal zu wie im Märchen: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land" Das fragen die Tourismusmanager der jeweiligen Gemeinden stets und stets beantworten sie die Frage auch selbst anstelle des Spiegleins an der Wand. Oder besser: im übertragenen Sinne ist der Spiegel der Massenandrang der Touristen und der beantwortet die Frage - in jeder der beiden Städte gleichermassen. Die werden nämlich quasi von denen überrannt.

Lange Rede - kurzer Sinn: in St. Augustine und Charleston war ich bereits 2007, es stand somit im Raum, in diesem Jahr auch Savannah den längst fälligen Besuch abzustatten. Heute ging also von Atlanta im Nordwesten des Bundesstaates Georgia quer durchs Land in den Südosten, an den Ozean, genauer: an den Savannah River, der kurz hinter der Stadt ins Meer mündet.

Der Rest des Tages liess wenig mehr zu als ein Abendessen und einen Rundgang durch den Historic District zur blauen Stunde zu. Dieser kurze Rundgang bestätgt aber das schöne Klischee von der Südstaatenschönheit. Es ist wirklich sehr hübsch.

Untergekommen bin ich für drei Nächte in einer stylisch-historischen Villa mit historisierenden Möbeln und dem Charme der guten alten Zeit. Ich habe den "Master's Bedroom" für drei Nächte bekommen. Im Haus gibt es jeden Nachmittag Wein und Appetizers (im Preis inbegriffen) und am Abend Social Time im Parlor (Salon): Dessert mit Wein, ebenfalls Teil des Gesamtpaketes. Leider war es heute nicht sehr sozial, denn die anderen Hausbewohner waren praktisch unsichtbar, sitzen in ihren Zimmer und schauen in den Fernseher und machen "Nesting".

16 Mai 2019

Atlanta - die Heimat von Fischen, Coca-Cola und 4,5 Millionen

Und mehr: Der Nachrichtensender CNN hat hier seinen Hauptsitz und 1996 fanden die 100. Olympischen Sommerspiele hier statt. Zudem ist Atlanta Hauptstadt des Bundesstaates Georgia und somit auch Sitz von Parlament und Gouverneur des Staates. Die Stadt selbst hat über 450'000 Einwohner und im gesamten Umland sind es etwa 4,5 Millionen Menschen.



Vor 200 Jahren sah es hier noch ganz anders aus: ein paar Hütten, unter dem Namen "Terminus" (Endstation) zusammengefasst, bezeichneten den Ort, an dem die Western and Atlantic Railroad eine Endstation hatte. Zuvor hiess der Ort auch schon klangvoller Pakanahuihli - in der Sprache der Cherokee und Muskogee-Indianer. Später wurde er benannt nach der Tochter des Gouverneurs: Marthasville und noch später, eigentlich zuletzt, Atlanta.

So genannt kennen die meisten von uns diese Stadt. Und die meisten USA-Reisenden kennen Atlanta vom Umsteigen auf dem Flughafen. Denn entsprechend einem nicht ganz so alten Sprichwort - "egal, ob Himmel oder Hölle: in Atlanta musst du auf jeden Fall umsteigen" - bedient der Airport als Drehkreuz ("hub") Verbindungsflüge in alle möglichen Himmelsrichtungen und nur "ein paar" direkt aussteigende Touristen bleiben hier. So, wie ich am Dienstag. Die Schlange bei der Einreisekontrolle war trotzdem sehr lang, denn jeder, der von Auswärts kommt, muss die Grenzformalitäten am ersten Einreiseflughafen erledigen und kann erst danach weiter. Somit warteten alle Passagiere meines Fluges und einiger anderer Flugzeuge brav in langen Reihen, bis das Prozedere abgeschlossen war. Etwa 50 Minuten hat das gedauert. Danach ging es für mich nur noch ins Hotel - mit dem Mietwagen - und erstmal direkt ins Bett, um etwas Schlaf nachzuholen.

Für den heutigen Tag war dann, anders als geplant, Sightseeing angesagt. Normalerweise ist mein jeweils erster Tag dem Einkaufen gewidmet, aber da ich in den nächsten Tagen in keine abgelegene Wüste fahre, kann ich die notwendigen Beschaffungen auch später noch erledigen.


Das erste Ziel, weil direkt am Weg in die Innenstadt gelegen, war heute das Georgia State Capitol, sozusagen der Landtag des Bundesstaates Georgia. Wie ich es schon früher erlebte, konnte ich auch hier direkt in das Gebäude hereinmarschieren und mich nach einer kurzen Sicherheitsüberprüfung frei im Gebäude bewegen. Ausser den Türen zu den Abgeordnetenbüros war alles offen und vor allem die beiden Parlamentssäle, das Repräsentantenhaus und der Senat, interessierten mich. Dabei sind das nichts weiter, als grosse Räume mit Stühlen und Tischen in Parlamentsanordnung. Aber man darf rein und nachsehen. Ohne Führung und ohne Begleitung. Die beiden Kammern tagen auch nicht ständig, sondern eigentlich nur in einer Session pro Jahr, von Januar bis April. Ein sogenanntes Feierabend-Parlament (ja, das ist ein Fachbegriff) bzw. wie in der Schweiz: ein Milizparlament. 
Auch das Büro des Gouverneurs ist im Gebäude untergebracht, gleich im Erdgeschoss hinter grossen Fenstern zum Foyer. Theoretisch könnte man dem Gouverneur bei der täglichen Schreibarbeit zusehen, aber er war natürlich heute gerade nicht im Haus...


Georgia State Capitol

Repräsentantenhaus

Nach dem Capitol ging es durch die Downtown zum Centennial Olympic Park. Ein Nachlass der Sommerspiele von 1996, ist der Park heute eine kleine, 8 Hektar grosse Oase, um die herum sich im Laufe der Jahre nach den Spielen einige Highlights der Stadt angesiedelt haben. Besonders hervorzuheben ist hierbei wohl die Coca-Cola-World. Realität gewordener Traum jedes Marketing-Experten: ein eigener Campus, organisiert als Dauerwerbesendung für Millionen (eintritts-zahlungsbereiter) Besucher, denen geschickt immer wieder entweder klar gemacht wird, was sie sich schon immer gewünscht haben (Coca Cola), oder welchen wertvollen Schatz sie bereits erwerben können: Coca-Cola. Ich selbst war mir etwas unsicher, immerhin sind 17 Dollar nicht wenig für eine Verkaufsschau. Also erstmal in das gegenüberliegende "Georgia Aquarium" rein. Eigentlich bin ich ja nun so gar kein Zoobesucher, aber der Tag war noch jung und Fische sind ganz nett. Der Eintrittspreis hier lag dann auch bereits im Bereich nicht-kommerzieller Bildungsveranstaltungen: stolze 39 Dollar plus Steuer, was am Ende $43.51 bedeutete. Und im Gebäude wurde auch schnell klar: hier geht es eigentlich gar nicht vorrangig um Bildung. Nein, das hier ist ein reiner Vergnügungspark, der als kleine Alibis Wissensbrocken vermittelt. Aber im Wesentlichen geht es darum, mehr AAAAAH! und mehr OHHHH! und noch mehr WOOOW! herauszuholen, von den kassierten Dollars ganz zu schweigen. Schlecht gemacht ist es nicht. Man kann in verschiedene Bereiche "eintauchen" und Tropenfische, Kaltwasserfische, Haifischbecken (dürfen nicht fehlen) bestaunen, teilweise sogar von Acrylglas-Tunneln aus gesehen. 
Höhepunkt des Ganzen ist die Delfin-Show im "Theater": Tausend Leute sitzen in einem Amphitheater, während unten die Delfine ihre Kunststücke vorführen. Das Komische daran ist, dass Delfine immer zu lächeln scheinen, dabei können sie gar nicht anders und in ihre Köpfe kann keiner reinschauen. Immerhin gab es viel Fisch für die Delfine von ihren Dresseuren und viel Applaus vom Publikum. 


Grosse und kleine Fische.

Derart gelangweilt erfüllen diese Piranhas nicht die Erwartungen der Besucher.

Nachdem ich also $43.51 für die Fische bezahlt hatte, entschied ich mich, nun auch noch die 17 Dollar für Coca Cola auszugeben. Was für eine Show! Es beginnt in einem hörsaalartigen Raum mit unzähligen Devotionalien zur Brause, danach "müssen" alle Besucher einen 15-minütigen Werbefilm anschauen, bevor sie dann endlich in die Ausstellung dürfen. Und die ist auch nicht so schlecht gemacht, wenn man bedenkt, welchen kulturellen Stellenwert Coca Cola inzwischen erreicht hat. Man denke nur an das unverwechselbare Design der Glasflasche. Und an den Santa Claus. Alles kommt von hier!

Begrüssung in der Coca-Cola-World...

Unten im Erdgeschoss das Highlight: Werde Teil des geheimen Rezeptes! Keine Ahnung, was da passieren soll, aber man muss sich halt anstellen und dann darf man in einen tresorähnlichen Raum mit lauter Glasfläschchen, Labor-Atmo. Zum Schluss stehen die Leute in einem illuminierten Cola-Glas, dann eine Wand auf und da steht er: der Tresor, in dem das geheime Rezept sich befinden soll. Mit Handflächenscanner und Zahlencode. Und natürlich wird der Tresor auch heute nicht für die Besucher aufgemacht, aber dafür kann man sich weiterbegeben zur Degustation. Richtig: in einem grossen Verkostungsraum kann jeder Besucher die Produkte des Konzerns aus allen Erdteilen probieren: "Fanta Exotic" aus Uganda oder "Bonbon Anglais" aus Madagaskar oder "Fanta Apple Kiwi" aus Thailand oder "Inca Cola" aus Peru. Nach all diesen mehr oder weniger Geschmäckern muss man sich erstmal den Mund mit dem Original ausspülen...

Marketing at it's best: Was die Flasche leisten muss.

Der Schriftzug ist auf der ganzen Welt zu finden - eine grosse Leistung!

Fanta Exotic aus Uganda...

Schnell wieder zum Original zurück!

Das und noch einiges mehr war also Atlanta. Ich hatte von vornherein zu wenig Zeit eingeplant und nun werde ich morgen abreisen. Dann geht es Richtung Osten und an die Atlantikküste.