13 Juli 2015

Unterwegs mit dem Pony Express

Bereits seit meiner ersten Reise in den US-Westen (im Jahr 2008) hat mich immer wieder die zweite Besiedlungsgeschichte* Amerikas verfolgt: Von Lewis und Clark, dem Old Spanish Trail über den Mormon Trail bis zum Pony Express am heutigen Tage.
Eigentlich hatte ich mir vorgestellt, dem Startpunkt der Pony-Reiter von 1860 einen ganzen Tag zu widmen, doch heute morgen war ich aufgrund der Zeitumstellung (Uhr, aber nicht Gewohnheit) wieder mal sehr früh wach und dementsprechend lag der ganze Tag vor mir. Das entsprechende Städtchen liegt etwa 60 Meilen nördlich meines Hotels. Gegen 10.30 Uhr war der obligatorische Walmart-Einkauf abgeschlossen und der Rest des Sonntages "frei". Damit fiel mir die Entscheidung eines Abstechers nicht so schwer und im Nachhinein war das ganz gut, denn ein ganzer Tag für St. Joseph und seinen Ponyreitern wäre dann doch etwas viel gewesen.
Der Pony Express war ab dem April 1860 eine Eilpostverbindung zwischen dem östlichen Ende des Wilden Westens (oder dem Westlichen Ende der damaligen Zivilisation) und den bereits besiedelten Gebieten ganz im Westen des Kontinents. Handy, Mail und Satelliten gab es damals nicht, also mussten Briefe physisch vom Absender zum Empfänger gelangen. Die Reiter des Pony Express schafften die Strecke von 3.100 Kilometern in sagenhaften 10 Tagen: mit Reitern, die sich alle paar Hundert Kilometer abwechselten, einer Kette von Wechselstationen und Nachtlagern und einer auch sonst gut durchdachten Logistik. Blöd nur, dass im Oktober 1861 die erste transkontinentale Telegrafenleitung ihren Betrieb aufnahm. Schlagartig bestand für die Ponys kein Bedarf mehr. Und auch die Operateure der Fernmeldeämter hatten es sicher sehr viel einfacher, allein schon wegen des festen Arbeitsplatzes. Ponyreiter durften nicht älter als 18 sein, nicht schwerer als 60 Kilogramm und sollten günstigerweise ledig und abkömmlich sein...


Die Pony Express Route: ganz rechts ist noch die Stadt St. Joseph als Startpunkt zu erkennen.
Jeder rote Punkt markiert eine Wechselstation entlang der Strecke bis Sacramento in Kalifornien.

In St. Joseph, dem damaligen Startpunkt der Route, befindet sich heute in den Gebäuden von damals ein kleines Museum mit hölzernen Pferden und Reitern und einer ganzen Menge Gegenstände aus der guten Alten Zeit, die ja auch als die Pionierzeit Amerikas angesehen wird.
Das ganze Unternehmen war, auch mit Blick auf die nur etwas mehr als einjährige Betriebsgeschichte, ein finanzielles Desaster. Trotzdem haben sich die Gründer einen schönen Kasten als Headquarter in das Zentrum von St. Joseph gestellt. Ein viergeschossiger Backsteinbau im viktorianischen Stil mit Ballsaal und repräsentativer Eingangshalle. Gleich neben dem Wohnhaus von Jesse James.  Korrektur siehe unten!
Auch in diesem Gebäude ist heute ein privates Museum untergebracht mit einer unglaublichen Fülle an Gegenständen aus dem 19. Jahrhundert, angefangen von einer kompletten Dampflok mit Postwagen bis hin zu Blechspielzeug und einem nachgestalteten Strassenzug aus dem St. Joseph der 1860er Jahre. Die Kitsch- und Kram-Liebhaber hätten ihre helle Freude an der Sammlung.
Nach den beiden Museen ging es für mich dann zurück nach Kansas.
Vielleicht hat mich jetzt doch auch die Ferien-Anfangskrankheit erwischt. Irgendwie fühle ich mich etwas schlapp und müde. Oder ist es auch wieder mal mangelnde Flüssigkeitszufuhr. Trotzdem werde ich morgen den Sprung auf's Land machen und ein Stück weiter Richtung Westen fahren. Im Moment soll es mal reichen. Vielleicht kommen im Laufe der Zeit noch ein paar mehr Bilder.


Das Pony-Express-Hauptquartier: für ein Unternehmen, dass schon nach knapp über einem Jahr
schliessen musste, nicht schlecht.
Es wäre nicht schlecht gewesen, aber simmt leider nicht ganz, siehe Korrektur

Korrektur (Montag, 13. Juli 2015, 6.00 Uhr): Das Gebäude, das Patee House, hat noch eine weit bewegtere Geschichte aufzuweisen und ist eben leider nicht als Hauptquatier erbaut worden, sondern als Luxushotel. Das wäre auch zu absonderlich gewesen. der Pony Express hatte hier nur ein paar Büros gemietet und die Reiter haben im Hotel übernachtet. Das muss man sich dann bildlich vorstellen, wenn diese abgerissenen staubigen Typen durch eine Schar gutgekleideter quasselnder Bürgerdamen in der Eingangslobby drängen... aber die hatten sicher einen Hintereingang.
Und auch das Wohnhaus von Jesse James steht nicht am ursprünglichen Ort, sondern wurde später hierher versetzt. Für mehr und bessere Informationen bitte den Wikipedia-Link anschauen.



* Die zweite Besiedlung deswegen, weil man ja nicht vergessen darf, dass der Kontinent keineswegs unbewohnt war, als die Europäer eintrafen. Die Vertreibung der indianischen Ureinwohner gehört zu den unrühmlichen Teilen der amerikanischen Neuzeit-Geschichte.


Noch ein paar Glühbirnen aus der guten Alten Zeit. Wenn man bedenkt, wovon wir uns so alles schon verabschieden mussten, wirkt doch die Diskussion um das Ende der Glühbirne ein wenig kleinlich...

1 Kommentar:

Tine hat gesagt…

So viele Wechselstationen...wirklich ein Großunternehmen