21 Juli 2015

Der Canyon de Chelly

Da ich in meinem derzeitigen Quartier, Chinle, 2 Nächte gebucht habe, konnte ich heute den ganzen Tag ohne Ab- und Anreisedruck verbringen. Gleich hinter dem Hotel liegt das Canyon de Chelly National Monument und irgendwo hatte ich gelesen, dass man dafür einen Tag einsetzen sollte. So also entsteht meine Reiseplanung: irgendwo was lesen und nachmachen...
Chinle, so dachte ich (weil nicht nachgelesen) ist ein grösseres Kleinstädtchen mit allem, was man so braucht, inkl. Einkaufsmarkt und verschiedenen Restaurants. Weit gefehlt: der Ort hat zwar etwas über 6000 Einwohner, die sind aber über ein riesiges Gebiet verstreut und die meisten Bewohner zählen sich zu den sowieso in der Landschaft lebenden Navajo-Indianern. Somit besteht der eigentliche Ort nur aus einer Schule, ein paar Kirchen, 2 oder 3 Tankstellen und 2 Hotels. Glücklicherweise haben diese jeweils angeschlossene Restaurants, denn sonst wüssten die Gäste nicht, was und vor allem wo es etwas zu Futtern gibt. Das Restaurant in meinem Holdiday Inn, überhaupt das ganze Hotel, ist auch gut in Schuss und recht ordentlich. Selbstverständlich arbeiten hier ausschliesslich Navajos, und ich glaube, diese Hotels sind neben der Gästeunterbringung auch als Arbeitsbeschaffung gebaut worden, denn die Arbeitslosenquote in der Navajo Nation beträgt um die 40% und die Aussichten sind schlecht. Das hängt mit der Abgelegenheit der Landschaft zusammen, andererseits aber auch mit dem Lebensstil der Menschen hier. Das Nachgehen fester Arbeit mit regelmässigen Zeiten gehört nicht zur Lebensart. Genausowenig wie das Anhäufen von Reichtümern oder die Bildung einer privaten Altersvorsorge. Hier lebt man, wie mir scheint, möglichst im Einklag mit der grossartigen Landschaft. Und was braucht man dann mehr??? Die jüngeren sehen das übrigens nicht ganz so und gehen, wenn möglich, auswärts studieren. Diejenigen, die dann tatsächlich zurückkommen, sind gefragte Fachkräfte, zB. im Bauwesen.
Doch zurück zum Canyon de Chelly: der ist seit tausenden von Jahren von verschiedenen Volksgruppen besiedelt worden und auch heute noch leben ältere Navajowie schon ihre Vorfahren am Boden des Canyons inmitten einer Traumkulisse. Dort befinden sich zum Beispiel die etwa 1000 Jahre alten White House Ruins, Zeugnisse der Pueblo-Indianer und von vielen Fotos einigermassen bekannt. Ich hatte das schon vorher mal auf Bildern gesehen und heute dann direkt vor Ort. Vor den Pueblos lebten die Korbmacher hier und vor diesen auch schon andere Ureinwohner. Danach kamen die Hopi und nach den Hopi kamen die Navajo und dann kam der Weisse Mann. Die Navajo wurden nach Streitigkeiten und diversen Indianerkriegen sowie Raubzügen gegen die Spanier und europäische US-Amerikaner von US-Truppen und anderen Indianerstämmen vertrieben - gelinde gesagt. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnten sie wieder in ihr angestammtes Gebiet zurückkehren.


Pueblo-Ruinen

Ich habe heute den Wanderweg vom Canyonrand zum Boden genommen, ein ca. 1.5 Meilen langer Abstieg mit kurzer Besichtigung und Wiederaufstieg. Eine kleine Wanderübung. Anschliessend habe ich dann noch die verschiedenen Overlooks abgeklappert, an denen jeweils ein Handwerksstand aufgebaut war und an jedem muss man mit den Standbetreibern ins Gespräch kommen und die jeweils gleiche Geschichte erzählen und die gleichen Fragen beantworten: Von wo kommst du? Bist du das erste Mal hier (Ja > Herzlich willkommen), Wie lange bleibst du? Wie gefällt dir die Navajo Nation? Kannst du mich mit dem Auto bis nach Chinle mitnehmen? ...

Gegen 16 Uhr war dann für mich Schluss. Ab ins Hotel, duschen, chillen, Abendessen. Morgen früh möchte ich zeitig aufbrechen, denn das Ziel heisst Canyonland National Park und liegt ca. 190 Meilen nordwärts (kleine Fehlpanung...). Dort gibt es wieder hunderte Meilen unpaved Roads und ich werde 2 Tage in der Gegend sein (aber an verschiedenen Orten).


Spider Rock. Der vielleicht prominenteste Felsen im Canyon. 240 Meter hoch.

Canyon de Chelly im schattenwerfenden Morgenlicht...

Noch mehr Canyon unter noch blau-weissem Himmel,
was sich dann aber schnell änderte.

Auch in Arizona gibt's Wetter:
Eine Gewitterfront zieht heran - und später woanders hin.

2 Kommentare:

Tine hat gesagt…

Das ist ja lustig, dass die Standbetreiber alle mit dir mitfahren wollten, dann wär ja gleich alles geschlossen gewesen..:-).

Michael hat gesagt…

Es waren so viele da, das wäre gar nicht aufgefallen...