Ich wähle den als Überschrift, um vielleicht ein paar Google-Suchanfragen auf den Blog zu lenken; andererseits aber auch, weil ich mittlerweile ein echtes Blog-Problem habe: Inzwischen bin ich nämlich in Houston gelandet und die Stationen Austin und Galveston sind hier noch gar nicht erwähnt. Es gibt also einen Bearbeitungsrückstand. Vielleicht denken manche schon, ich bin irgendwo verschollen gegangen. Andererseits gab es auch bereits ein Artikel-Gerippe für diese Zeit, aber ich musste des aus dem Speicher kippen, weil der Text einfach nicht gut genug war. Also folgt jetzt mal eine rückwärts-chronologische Aufarbeitung, beginnend mit Houston, der Millionenstadt im Süden Texas.
Benannt nach Sam Houston, einem der alten Gründer-Haudegen in Texas, General und Präsident der Republik, die der Staat kurz vor Aufnahme in die Union war. Heute ist die Stadt ein Glitzerding, reich durch Öl und den Hafen, der durch einen langen Kanal mit dem Golf und damit allen Weltmeeren verbunden ist. Aber dennoch irgendwie so klein, dass man die Downtown bequem zu Fuss durchwandern kann. Zwischen den Wolkenkratzern von BP, Total und wie sie alle heissen, die draussen im Lande und auf dem Wasser das schwarze Gold zutage fördern, das heute noch einen wesentlichen Anteil des gesamten US-Bedarfs deckt und deren Sorte West Texas Intermediate (WTI) als Referenzsorte den Weltmarktpreis bestimmt.
Was die Stadt noch ist, sieht man erst, wenn man die Downtown verlässt: da gibt es ausgedehnte Vorstädte, in denen vor jedem Haus ein Truck und ein SUV stehen, heruntergekommene Viertel zwischen der Downtown und den Vorstädten, in denen ganz offensichtlich die ärmeren Bewohner leben und irgendwo darinnen ein paar Kulturviertel mit hochkarätigen Opern, Theatern und einem ganzen Museums-Distrikt in einer grossen Grünanlage. Letzteren Distrikt habe ich heute zu Fuss erlaufen, immerhin 3 Meilen vom Hotel entfernt - für Amerikaner unvorstellbar, diese Strecke zu Fuss zu erledigen. Ich bin ohne Museumsbesuch wieder zurück, diesmal aber - man höre und staune - mit der Strassenbahn. Die heisst hier natürlich nicht so profan Tram oder so, sondern ganz grosstädtisch Metro Rail. Aber $1.25 für ein Billett in die Innenstadt - ich finde, das isst eben doch Strassenbahn.
Das Museum, dass ich eigentlich gern gesehen hätte, war dasjenige für Photographie, aber ich habe es nicht gefunden. Irgendwann habe ich aufegegeben und mir gedacht: okas, was erzählen die auch anderes: Goldener Schnitt, Blende 8 bei Sonne und Bücher kaufen im Museumsladen - mehr haben die auch nicht... Kurz darauf kam mir noch die Fabel vom Wolf und den unereichbaren Weintrauben in den Sinn...
Morgen, am Montag, werde ich dann nochmal die Downtown besuchen und ein paar Sachen einkaufen, die heute wegen des Sonntag nicht zu bekommen waren. Sogar Macy's, das supergrosse Kaufhaus inmitten Downtown war geschlossen.
Das Umland von Houston hat noch einiges zu bieten, aber es braucht schon noch etwas genauere Blicke dafür, die ich nicht investiert habe. Und dass ich nicht der einzige damit bin, zeigt mir eine Aussage eines Schweizer Geschäftsmannes heute abend in der Hotelbar: ich sei der erste Tourist, der je in Houston gewesen ist...
Naja, das glaube ich zwar nicht ganz, aber ein Teil daran stimmt schon.Houston ist nicht unbedingt etwas für den Massentourismus.
Tatsächlich gibt es trotzdem die eine oder andere Attraktion, z.B. das Johnson Space Center, draussen vor der Stadt. Das ist eigentlich eine Bundesbehörde, nämlich die NASA, aber die hat - geschäftstüchtig - einen Vergnüngspark an das eigentliche Space Center angehängt. Mit saftigen Eintrittspreisen und konsequent auf Familien mit Kindern ausgerichtet. Der einzeln reisende Erwachsene kommt für 24 Dollar trotzdem rein und das interessante dabei ist die Tram-Tour (unbedingt die Blaue Linie wählen!) durch das echte Space-Center. Tram ist in diesem Fall ein Fahrzeug mit vier angehängten Wagen für Touristen. Damit geht es mit Besucherausweis zwischen den NASA-Gebäuden hindurch zum echten Mission Control Center der NASA. Von hier wurden die Shuttle-Missionen überwacht und die ISS hat hier ein eigenes 24/7/365-Kontrollzentrum.
Mission Control Center- eines von vier in diesem Gebäude. |
Den Touristen wird - glaube ich - immer nur der Kontrollraum gezeigt, der gerade nicht in Betrieb ist, aber das war trotzdem interessant, denn das waren keine Attrappen oder Übungsräume, sondern die echten Pulte der Techniker. Am grossen Screen an der Wand waren die ISS-Statusmeldungen eingeblendet und die Uhr zeigte an, dass die Besatzung noch knapp 3 Stunden schlafen konnte.
Zweite Station der Rundfahrt war die Saturn-5-Halle. Hier befindet sich eine dieser riesigen Raketen, mit denen zB die Mondfähre ins All gebracht wurde. Die Rakete ist fein säuberlich in ihre einzelnen Stufen zerlegt und der Tourist kann sich einen Eindruck über die wahrhaft gigantische Grösse dieser Rakete machen. Echt riesig...
Natürlich ist die Saturn-V-Rakete so gross, dass sie nicht ganz ins Bild passt... |
Der Rest vom Space Center Vergnügungspark ist schnell erzählt: Raumflugsimulatoren für Kinder, Pulte, an denen man das Shuttle landen kann, Souveniershops und Fressmeile. Interessant ist allenfalls noch der Nachbau der Space-Shuttle-Nase mit Cockpit. Da sieht man mal, wie riesig das Teil in Wirklichkeit ist. Und die haben das als "Segelflugzeug" zurück auf die Erde gebracht...
Also, das Space Center lohnt sich schon...
Cockpit des Space Shuttle - hier allerdings ein Nachbau |
Galveston
Das ist der Ort, wo die Houstonians hinfahren, wenn es ihnen in ihrer Stadt zu bunt wird. Dann fahren sie raus an die Golfküste, zum Wochenend-Surfen, abhängen oder Baden. Galveston ist der richtige Ort dafür: ein Streifen Sand am Meer, bebaut mir unendlich vielen Hotels. Immerhin hat der Ort zirka 57.000 Einwohner. Wenn nicht gerade wieder ein Hurrikan hereinbricht, ist es auch ganz idyllisch, so mit Blick aufs Meer von der Hotel-Bar. Da macht das Urlauben richtig Spass. Ich habe hier zwei Tage verbracht, in aller Ruhe und eben: Blick aufs Meer.
Allerdings ist der Horizont nicht ganz frei. An manchen Tagen liegen weit draussen auf dem von hier sichtbaren Meer 30 Supertanker (echt, ich hab gezählt!), die auf Abfüllung warten, wie die Gäste in den Hotelbars...
Austin
Das ist die Hauptstadt und liberales Zentrum im Staate Texas. Und Austin war Station zwischen Roswell, New Mexico und Galveston. Es hat gegen Dallas gewonnen, denn was weiss man schon von Austin??? Jetzt jedenfalls weiss ich eine Menge mehr und kenne das kleine, pulsierende Zentrum der Stadt, mit der 6th Street, an der sich eine Blues-Kneipe an der anderen reiht. Und in jeder findet an fast jeden Abend Live-Musik statt bei wunderbaren sommerlichen Temperaturen. Eine wunderbare, lockere Stimmung, die so gar nicht in das stockkonservative Texas passen will.
In Austin wäre ich gerne noch länger geblieben. Es ist und bleibt für alle meine Nachfolger eine grosse Empfehlung.
"Don't mess with Texas!"
Das darf nicht fehlen, dieser Spruch. Ein Wortspiel, ein Werbespruch, der es bis in die Alltagskultur Amerikas geschafft hat. Leg dich nicht mit Texas an! Oder: sinngemäss: Vermülle Texas nicht!
Die erste Übersetzung trifft genau das spezielle Nationalgefühl der Texaner: stolz auf ihre Geschichte und ihr teilweise doch recht fragwürdiges Erbe. Der Staat war einer von zweien (Vermont der andere), der vor Aufnahme in die Union eine selbständige Republik mit eigenem Präsidenten war. Ganz freie Bürger, jeder durfte ganz nach seinem Gusto leben, was ja auch recht einfach war zu Sam Houstons Zeiten, der anfangs mit ganzen 300 Familien hier mit Genehmigung der mexikanischen Regierung siedeln durfte.
Bis heute hält sich neben diesem ganzen patriotischen Stolz die Annahme, man könne die Union einfach so per Vertragskündigung - wahrscheinlich auf Monatsende - verlassen. Aber das stimmt nicht. Heute ist Texas gernauso ein Bundesstaat wie alle anderen auch und die Hürden für den Austritt liegen doch wesentlich höher als die für die Kündigung zum Beispiel eines Mietvertrages....
Aber zurück zum Spruch: die Idee entstand Mitte der 80er Jahre als Reaktion auf die stetige Vermüllung der texanischen Strassen. Ein griffiger, merk-fähiger Slogan musste her. "Don't mess with Texas!" ist ein Wortspiel, dem die Doppeldeutigkeit des englischen Wortes to mess zugrunde liegt: sich anlegen und vermüllen. Nach Einführung des Slogans ging die Vermüllung um 70% zurück. Da sage noch einer, Werbung bringt nichts:
Heute, fast 30 Jahre später, ist der Spruch Bestandteil der Alltagskultur in den USA. Tassen, T-Shirts und sonstwas werden damit bedruckt. Ich muss echt sehen, dass ich so ein Shirt noch irgendwo bekomme. Notfalls in New York...
Nochmal die eine der Glitzerfassaden von Houston - Öl und alles mögliche andere haben die Stadt reich und konservativ gemacht... |
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