Dieser Beitrag schlummert seit 7 Jahren im Blogarchiv und sollte wohl mal unterwegs veröffentlicht werden. Da er fast fertig war und mir eigentlich ganz gut gefällt, schiebe ich ihn an richtiger Stelle im Jahr 2012 noch ein. Evtl. gibt es dann in den folgenden Texten die eine oder andere Information nochmal.
(11. Juni 2019)
(11. Juni 2019)
Der Arbeitstitel oben gibt mal die Reiseroute der fast letzten Etappen des road trips wieder und jetzt wird aus dem Arbeitstitel gleich die Artikel-Überschrift.
In Roswell mit seinem Alien, über das ich ja schon geschrieben hatte, wurde mir klar, dass ich jetzt noch ganz schön viel Zeit für die letzten Stationen habe. So stand also einerseits die Route zum Endpunkt Houston zur Klärung an. Andererseits die jeweilige Dauer des Aufenthalts an den Stationen. Und in Roswell, das noch in New Mexico liegt, musste ich klären, ob es nach Dalles, geradewegs in östliche Richtung oder nach Austin etwas weiter südlich gehen sollte. Für Dallas sprach irgendwie der Glamour, die moderne Grossstadt, das big business mit Öl und so. Letztlich aber sind das alles Annahmen gewesen, denn recherchiert hatte ich dazu nur - rein zufällig - etwas über die Fernsehserie Dallas. Aber was weiss man denn über Austin, der Hauptstadt von Texas? Eigentlich gar nichts. Also auf nach Austin...
Von Roswell aus sind es ungefähr 550 Meilen, die ich in zwei Etappen absolviert habe und dabei viel Zeit hatte, Texas zu sehen und abends im Hotel weiter zur Geschichte zu recherchieren. Und was dieser blöde Spruch an den Strassen soll: "Don't mess with Texas"
Die Geschichte: kann jeder bei Wikipedia selber nachlesen. Die Kurzfassung umfasst immer irgendwelche Streitereien mit Mexico dem das Land früher gehörte. Typen mit den Namen Austin und Houston kommen darin vor, die Sklaverei, Gold und Öl. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Land, das ein paar Jahre lang eine eigenständige Republik gewesen ist, Teil der Vereinigten Staaten. Mit Mexico wurden, nach Krieg, Zahlung von 10 Millionen Dollar und Friedensvertrag im Grossen und Ganzen die Grenzen gezogen, die bis heute gelten.
Zu erwähnen sind die vielen deutschen Einwanderer, die in Texas eine ganz eigen-eigenartige Kultur entwickelt haben. Im Gebiet südwestlich von Austin gibt es Orte, in denen zweisprachig gelebt wird und wo es zum Beispiel einen Wasser-Vergnügungspark namens "Schlitterbahn" gibt.
Aus Texas ist dann im Laufe der Zeit ein ziemlich konservatives Gebilde geworden. Wer sich heutzutage als Anhänger der Demokratischen Partei outet, läuft echt Gefahr, mit dem Kommunismus in Verbindung gebracht zu werden. Auf den derzeit überall aufgestellten Wahlwerbungen, egal ob Bürgermeister, Sheriff oder Kongressabgeordneter, braucht eigentlich nur draufstehen, dass es sich um einen Republican handelt: Konservative Führer - das reicht aus, damit ist alles gesagt. Mit mehr muss man sich gar nicht beschäftigen und kann sich stattdessen dem Leben hinwenden, zum Beispiel am Strand, auf der Ranch oder in Austin, der erstaunlich liberalen Hauptstadt dieses Bundesstaates. Alle Typen, die anderswo schlecht unterkommen sammeln sich hier. In der Hauptsache sind das die Mitglieder von Bluesbands, die in der 6th Street auftreten, einer Ansammlung von Kneipen-Bühnen. Auf denen wird jeden Abend gespielt und der Besucher kann ohne Eintritt - nur für Trinkgeld - den ganzen Abend hin- und herschlendern und in jeder Bar eine andere Band hören und ein anderes Bier trinken. Denn selbstverständlich soll man auch was konsumieren. Dazu empfiehlt sich dann Shiner Bock, ein örtliches Bier, das nur in Texas verkauft wird - angeblich.
Texas State Capitol |
Blick unter die Kuppel des Capitols. Natürlich mit dem Texas-Stern. Lone Star State |
Die Orthodoxe St. Elias Church Austin |
Leider musste ich Austin nach einem schon verlängerten Aufenthalt dann doch wieder verlassen, aber es bleibt eine Mehrtages-Empfehlung wert!
Nach Austin ging es dann weiter an die Golfküste, nach Galveston, einem Städtchen von ca. 57.000 Einwohnern auf einer der eigentlichen Küste vorgelagerten Insel.
Hier hat die Ferienzeit noch nicht ganz begonnen und neben den Vorsaison-Urlaubern tummeln sich vor allem Handwerker an der Strandpromenade, um alles in der typischen amerikanischen Low-Level-Manier "schick" zu machen. Echt wahr, so wie hier in Galveston, Texas, habe ich selten so viel Lässigkeit, Qualitätsmängel und Schludrigkeit erlebt. Und das alles kombiniert mit Höchstpreisen. Mein Hotel ist der lebendige gesammelte Nachweis dafür: ständig laufen ungezählte Handwerker herum, Servierdamen, Saubermachkräfte und so weiter. Aber trotzdem funktioniert alles nicht so richtig und verströmt dabei einen Charme, für den man das ganze Land zugleich lieben und verachten muss. Ein paar Beispiele:
- Mein erstes Zimmer hier befand sich direkt über dem Dach des Hotelrestaurants, auf dem ganze 9 Ventilator-Aggregate für die Klimatisierung gefühlte 140 db Lärm erzeugten. Aber das Umbuchen und Wechseln des Zimmers erfolgte mit deutscher Präzision...
- In den USA ist es üblich, in Restaurants der nicht-gerade-5-Sterne-Klasse die sogenannten napkins - Papierservietten in einem unendlich fliessenden Strom zu liefern, damit die Leute das Hand-Essen (finger food) abwischen können. In meinem Hotel gibt es zwar das Handessen, z.B. sauscharfe chicken wings, aber dazu Stoffservietten, die hierfür völlig ungeeignet sind. Und das Abzapfen von Coca Cola, Kaffee oder Wasser dauert gefühlte 30 Minuten...
- Im Treppenhaus liegt schon seit mehreren Tagen ein zusammengeknüllter Papierhaufen herum - da fühlt sich keiner zuständig, obwohl es ausreichend Putzkräfte gibt und überall zu jeder Zeit die gelben Warnschilder herumstehen: slippery when wet.
- Wie schon geschrieben, sind Heerscharen von Handwerkern unterwegs, um Galveston für die Saison fit zu machen, aber im Grunde werden nur die Schäden der letzten Hurrikan-Saison übermalt.
Das klingt vielleicht jetzt alles etwas blöd und überheblich, aber wer mal ein paar Tage lang Eindrücke gesammelt hat, mal über Land fährt und etwas genauer hinschaut, wird das alles bald - in Liebe - bestätigen.
Alles fertig machen für die Saison. Das Wetter ist schon bereit. |
Ob Mario auch schon fertig ist? Ich war drin und es war gut. Italo-American... |
Einfach John Gay wählen, dann wird alles gut... |
Und dagegen stehen dann solche Sprüche wie "Don't mess with Texas". - erfunden von einer Werbeagentur, um gegen die stetige Vermüllung der Strassen vorzugehen. Und ein überaus gelungenes (Marketing-)Spiel mit den Doppeldeutigkeiten der englischen Sprache: don't mess - nicht vermüllen. Aber auch don't mess - leg dich nicht an mit ... Texas. Es wird erzählt, dass seit der Lancierung die Vermüllung der Highways um über 70% rückläufig ist. Der Spruch gilt als einer der erfolgreichsten Werbeerfindungen Amerikas und ist inzwischen in die Alltagskultur eingegangen:
Don't mess with Texas.
Don't mess with Texas.
Und darauf sollte man achten, denn die Südstaatler sind schon ein wenig seltsam...
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