05 August 2009

Beton in der Wüste

Gleich hinter Las Vegas beginnt das Canyon Land in der Grenzregion zwischen den US-Staaten Nevada und Arizona. Letzterer trägt auch den Beinamen Canyon State und als offizielles Staatsmotto "Ditat Deus" - "Gott bereichert". Und der hat in den Landschaften hier wahrlich sein kreatives Füllhorn ausgeschüttet. Irgendwie hat es den Menschen nicht ganz gereicht oder sie hatten noch andere Wünsche, die sie sich selbst erfüllt haben, zum Beispiel mehr Elektrizität, Trinkwasser und Wasserflächen für das Segelboot. Um das alles zu erfüllen, wird in der Nähe von Las Vegas der Colorado River durch den Hoover Dam aufgestaut und das habe ich mir heute angesehen. Los gings also von Las Vegas (unter Auslassung eines Casinobesuches...) in Richtung Boulder. Die Straße windet sich durch zerklüftete Gebirge und Baustellen, denn die bisherige Zufahrt über eine zweispurige Fahrbahn reicht einfach nicht aus. Deshalb hat man begonnen, den Highway 93 völlig neu und vierspurig durch die Canyons zu ziehen. Aber noch sind nicht alle Abschnitte fertiggestellt und so führt die Straße direkt am praktischen Parkhaus in unmittelbarer Nähe des Damms vorbei. Ich habe das natürlich genutzt und das Auto für 7 Dollar dort abgestellt. Vom Parkhaus gings dann zu Fuß zum und über den Hoover Dam, der mit Recht als eines der Technik-Weltwunder bezeichnet wird. Die Staumauer ist 221 Meter hoch und sperrt den Durchlauf des Colorado River durch die senkrecht aufgestellten Felswände.

Zwischen die senkrechten Felswände wurde die 221 Meter hohe
Betonmauer des Hoover Dam gestellt.

Ganz unten, am Boden des Canyons steht ein Wasserkraftwerk mit 2000 MW Leistung, das Strom nach ganz Südkalifornien liefert, aber nicht ins nahegelegene Las Vegas. In der Flußmitte und somit auf halber Mauerstrecke verläuft die Grenze zwischen Nevada und Arizona sowie die Grenze zwischen den kontinentalen Zeitzonen. Das könnte man schön an den installierten Uhren ablesen, aber das Arizona im Gegensatz zu Nevada eine Stunde Sommerzeit hat, war heute kein Zeitunterschied festzustellen.
Das Wasser für das Kraftwerk wird durch vier Intake Towers eingelassen, die an der Mauerrückseite stehen und - so vermute ich - auch bis zum eigentlichen Flußbett reichen. Die Türme sind also über 220 Meter hoch: respektable Wolkenkratzer...
Doch warum bezieht nun Las Vegas keinen Strom vom Hoover-Dam-Kraftwerk? Als die Stromvergabe aus dem Kraftwerk verhandelt wurde, wurde ein Bezug von Strom vom Bürgermeister abgelehnt mit den Worten "Las Vegas wird nie mehr als 5.000 Einwohner haben". Heute leben dort über 550.000 Menschen und der Strom wird nach Los Angeles geleitet.

Eine Strasse muss her...

Auch der neue Highway 93 braucht einen Übergang über den Canyon, aber die Mauer des Dammes reicht nur für zwei Fahrspuren. Also muß eine Brücke her oder besser gesagt: rüber. Jetzt, im August 2009 ist stehen die Brückenpfleiler und der fast geschlossene Brückenbogen hängt an einer gewaltigen Tragseilkonstruktion, bis er - geschlossen - sich selbst tragen wird. Dann wird darüber die Fahrspur gebaut, die auf dem Bogen und den Pfeilern ruhen wird. 2010 soll wohl alles fertig sein, aber heute sah es nicht danach aus. Auf jeden Fall habe ich selten eine so gigantische Baustelle gesehen. Noch mehr Beton muß in die Wüste und in die Canyons, obwohl der Damm alleine schon ca. 2,6 Millionen Kubikmeter gebraucht hat.
Nach dem Hoover Dam wollte ich in den Valley of Fire State Park fahren, aber ich habe mich mal wieder mit den Entfernungen verschätzt. Auf etwas mehr als der halben Strecke bin ich umgekehrt. Immerhin ging die Fahrt entlang des Mead Lake, des Stausees bzw. das, was von ihm zur Zeit zu sehen ist. Entsprechend der Farben an den Felswänden denke ich, dass dem Stausee zur Zeit mindestens 50 Höhenmeter Wasser fehlen und wenn man sich die Fläche der Seenlandschaft anschaut, kann man erahnen, um welche Mengen Wasser es da geht. Es ist halt blöd, wenn mehr Wasser rausgeht, als reinkommt.
Mein nächstes Hotel war in Flagstaff gebucht und das liegt dummerweise 230 Meilen von Boulder, am Stausee, entfernt. Das habe ich zwar vorher nicht so richtig gewußt, aber nachher nützte es nichts mehr. Also ging die Fahrt los über den Highway 93. Glücklicherweise kam irgendwann (in Kingman) ein Abzweig auf die historische Route 66 über Peach Springs und Seligman und da habe ich die kluge Entscheidung getroffen, statt der Interstate-Autobahn diesen alte Highway zu nutzen, über den so viel geschrieben steht. Den Anfang haben Ben und ich schon in Los Angeles gesehen, dort, wo der Santa Monica Boulevard am Ozean endet. Von hier ging die Straße als erste durchgehende Route bis nach Chicago und war eine wichtige Verbindung der Westküste mit der Mitte der USA. Mit den Interstate Highways ging die Bedeutung der Route 66 verloren. Geblieben ist die Geschichte, die Erinnerung an "große Zeiten", ein irgendwie geartetes Gefühl von Freiheit, das etwas zu tun haben könnte mit den Klischees, die über die Jahre entstanden sind. Neu hinzugekommen sind unzählige Devotionalienhändler, die mit diesem allen ihr heutiges Geschäft betreiben. Viele sogenannte Attraktionen entlang der Route sind denn auch gar nicht mehr original, sondern bloßer Abklatsch. Schade, dass das Teilstück heute so kurz war. Ich hätte nicht gedacht, dass mein Interesse an der Route 66 so geweckt wird. Vielleicht ist später mal eine komplette Befahrung möglich, angefangen in Chicago, endend am Pazifik. Das ist die traditionelle Reiserichtung: "Go West"


Aufgegebene Tankstelle in Peach Springs an der Route 66

In Flagstaff angekommen habe ich erstmal die Übernachtung geändert, von ein auf zwei Tage. Die desk agent hat sich gefreut.

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