Heute habe ich Wüste verlassen. In östlicher Richtung geht es von deren Hochplateau noch weiter hinauf in die Rocky Mountains im Bundesstaat Colorado. Mein Hotel hatte ich wie gewohnt anhand der Entfernung (und meiner inzwischen zuverlässigeren Fähigkeit) bereits vorab gesucht und über Internet gebucht. So konnte ich mich in aller Ruhe auf den Weg machen. Inmitten der Bergwelt habe ich dann die Interstate verlassen und bin Richtung Aspen auf dem US-Highway, so etwas wie einer vierspurigen Bundesstrasse in Deutschland, weitergefahren. Aspen ist der Ski-Urlaubsort der reichen Amerikaner und russischen Oligarchen. Häuser sind hier ab 1,5 Mio Dollar zu haben und die Stadt ist im Durchschnitt die reichste Stadt der Welt, was man ihr auch äußerlich ansieht. Ich hatte nicht vor, hier länger zu bleiben, weil mir dieses ganze Getue nicht so recht gefällt, aber auf jeden Fall musste ich ja durchfahren. Und das habe ich sehr vorsichtig gemacht. In derartigen Städten in Amerika haben Fußgänger ziemlich viele Vorfahrtsrechte und es gibt eine große Zahl von Zebrastreifen und Fussgängerüberwegen und ich wollte ja unbedingt vermeiden, so einen reichen Ölmilliardär zu überfahren. Hinter Aspen ging es dann die Bergstraße hinauf auf den Independence Pass, benannt nach einer kleinen Goldgräber-Siedlung. Der Pass liegt auf einer Höhe von ungefähr 3.600 Metern und knapp über der hiesigen Baumgrenze. Wenn ich mich an meine Brockenwanderungen erinnere, standen dort schon auf 1.100 Metern keine Bäume mehr, hier reichen die Gehölze bis über 3.000 Meter! Der Pass ist aber kahl, windig und kühl. Auf der anderen Seite ging es dann hinab zu meinem Ziel Leadville, wo mein Hotel gebucht war. Leadville ist ebenfalls auf eine Minenarbeiter-Siedlung zurückzuführen und trägt den Beinamen
The Two Mile High City. Es ist die am höchsten gelegene Stadt Amerikas, auf sage und schreibe 3.000 Metern über dem Meer! Als Flachlandeuropäer, der Höhe nicht gewohnt ist, machen dann ein paar schnelle Schritte schon Probleme. Trotz der dünnen Luft gibt es aber auch Hartgesottene, die die Berge mit Fahrrädern rauf- und runterbrettern. Das sind bestimmt die Tour-de-France-Fahrer, die jetzt wieder richtig ran müssen, seit die Dopingkontrollen so streng sind... In Leadville also übernachte ich heute.
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Am Pass verläuft auch die kontinentale Wasserscheide:
alles, was vor dem Schild ausläuft, landet im Pazifik,
alles dahinter im Atlantik... |
Wenn der Himalaya als Dach der Welt bezeichnet wird, so können die Rocky Mountains getrost als Dach Amerikas bezeichnet werden. Zwar gibt es auch noch anderswo höhere Berge (in Kalifornien zum Beispiel), aber die Bergwelt hier ist ausgedehnt und z.B. rund um den Independence Pass befinden sich eine ganze Reihe veritabler Viertausender. Man ist also tatsächlich sowas wie der Fahrer auf dem Dach.
Auf dieser Fahrt heute habe ich heute ausgiebig uns fasziniert Radio gehört. In Amerika dreht sich zur Zeit alles um die Gesundheitsreform und im Radio haben (anders als z.B. in den Printmedien) die Konservativen eine laute Stimme, die gegen die Regierungsvorhaben wettert. Verrückt, was da an Argumenten, Vergleichen, absurden Unterstellungen und Blödsinn verbreitet wird. Im Spiegel Online habe ich dazu
diesen Artikel gefunden, der Stimmung gut wiedergibt. Ich persönlich glaube, dass das Vorhaben Gesundheitsreform in den USA schon gescheitert ist, wie bei einer Reihe von Präsidenten vor Obama. Es würde wohl hier jetzt zu weit führen, auf die Argumente und Positionen einzugehen und um die Sache richtig, d.h. auch aus amerikanischer Sicht zu verstehen, müßte man ganz am Anfang, bei den Einwanderern und deren Vorstellungen von Freiheit und Individualität anfangen. Das alles spielt hier eine enorme Rolle und wird vermischt mit Propaganda, Unterstellungen und Zerreden. Schade, aber die Amis, die wollen es so...
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