Hinter Crescent City beginnt also Oregon, der nördliche Nachbar Kaliforniens. Und wie das eben so ist, ist bei Nachbars manches ganz anders. Zum Beispiel das Tanken. Abgesehen davon, dass die Benzinpreise ausserhalb Kaliforniens grundsätzlich niedriger sind, gibt es hier ein State Law, also so etwas, wie ein Landesgesetz, welches vorschreibt, dass der Kunde an der Tankstelle sein Fahrzeug nicht selbst betanken darf (!). Dafür gibt es den Tankwart, der mir die Kreditkarte abnimmt, durch den Slot an der Zapfsäule zieht, den Tank füllt und mich sozusagen abfahrbereit macht. Und da ich nicht der einzige Kunde bin, muß dieser arme Mann ständig zwischen mehreren Fahrzeugen pendeln: hier Karte ziehen, dort Zapfpistole rein und starten, auf der anderen Seite Tank schließen und gute Fahrt wünschen. Trotzdem bleibt ihm zwischendurch noch Zeit - und da dachte ich wirklich, ich träume - die Preise an der großen Anzeigentafel zu ändern: während er mein Fahrzeug betankt, greift er mit einer großen Stange nach oben, holt die alte Zifferntafel (so ähnlich wie die Liednummerntafeln in der Kirche) herunter und hängt eine neue auf. So ändert er den Preis von $4,17 auf $4,12, und unten auf dem Boden lagen alle noch für den Rest des Tages notwendigen Tafeln von 0-9... Ich habe natürlich gefragt, für welchen Preis ich selbst tanke. Im Computer war schon der neue einprogrammiert, also $4,12.
Danach ging es auf die lange Fahrt von Gold Beach bis nach Astoria, ganz im Norden des Bundesstaates, immer und immer noch auf dem Highway 101. Einige werden das verrückt finden, an einem Tag 300 Meilen runterzureißen, aber durch die Landschaft und immer an der Küste lang und ohne nervende Beifahrer(innen) kann das echt auch Spaß machen und außerdem liegen die Orte nun mal so weit auseinander. Gelegentlich gehts etwas nach Osten, dann scheint auch mal die Sonne, aber im wesentlichen führt die Straße entlang der aufregend-aufragenden Steilküste oder durch die Dünenlandschaft von Oregon. Der Wind treibt die Wolkenfetzen über die Straße und hier gibt es auch diese verrückten, vom Wind geformten Bäume, die jeder sicher mal auf Bildern gesehen hat. Die schönsten stehen leider immer an Stellen, wo ich gerade nicht anhalten kann. Beim Fahren erinnere ich mich an das Buch "Die Kinderkarawane". Meine Mutter hat davon vor Jahrzehnten immer erzählt, wie schwer es die Kinder hatten, auf dem Weg nach Oregon, weil die Eltern gestorben waren und der Rest der Karawane lieber nach Kalifornien gezogen ist. Ich selbst hab das Buch nicht gelesen, bloß die Erzählungen fallen mir so nach und nach wieder ein. Im Nachhinhein kann man den Kindern der Geschichte nur hinterherrufen: Ach Leute, wärt ihr doch mit nach Kalifornien gegangen, dort ist das Wetter viel besser...
Morgen werde ich von Oregon und auch vom Pazifik Abschied nehmen müssen. Ab morgen geht es im Wesentlichen nur noch ostwärts.
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