13 August 2008

mako sica und ein bißchen Großmacht anschauen

Rapid City mit seinen geschätzten 60.000 Einwohner bleibt hinter mir, ebenso das dortige Super8-Motel mit dem grottenschlechten Internetzugang. Gerade mal so konnte ich per Netz das nächste Hotel buchen und den Reisebericht hochladen. Das nächste Hotel war dann kein Super 8 mehr, sondern ein DaysInn, aber das ist egal, denn die Hotels meiner Finanzklasse gleichen sich hier in etwa.
Also raus aus Rapid City und nun gehts hinunter in die Ebenen der Great Plains, wenn man so will, dem Herzen Amerikas, der Prärie, der Kornkammer oder dem Brotkorb der USA, wie auch immer. Die Hälfte des in den USA verbrauchten Getreides und 60 Prozent des Rindfleisches kommen von hier. Allerdings reichen die Great Plains auch von Kanada bis nach Texas, ja, bis hinein nach Mexiko. Ich werde also wieder nur ein kleines Stücklein dieser Region sehen können.
Das erste liegt gleich hinter Rapid City: die Ellsworth Air Force Base. Hier gibt es ein "Air and Space Museum" und wer schon meine letzte Reise aufmerksam verfolgt hat, der weiß, dass alles was fliegt eine besondere Anziehungskraft auf mich ausübt. Also bei Exit 67 runter von der Intersate 90 und den Wegweisern Richtung AFB folgen, was einem etwas komisch vorkommt, wenn man so als Tourist in Richtung einer "wichtigen Einrichtung der nationalen Sicherheit" fährt und dann auch noch auf die Main Gate Road abzubiegen hat. Aber kurz vor dem eigentlichen Gate mit dem Wachschutz (mittlerweile eine private Firma) knickt die Straße ab auf das öffentliche Gelände des Museums und da stehen auch schon die ganzen alten Kisten aus vergangenen Tagen herum: halblinks die B-52, daneben eine "Looking Glass"-Maschine, rechts lauter "altes Zeugs", nur in der Mitte, vor dem Museum thront ein wirklich schönes Teil, die B1 "Lancer". Wie es bei Museen so ist, sind alle Ausstellungsstücke ziemlich tot, d.h. es bewegt sich nichts, ausser die Räder der B1, die man drehen kann, weil die Maschine aufgebockt ist. Deshalb bin ich gleich ins Visitor Center rein und habe nach der Bus Tour über die Basis gefragt. Sowas soll es nämlich hier geben. Die Tour startet in 5 Minuten. Fotografieren erlaubt, ausser am Main Gate. Vorher muss jeder Interessent noch Namen und Identifikation hinterlegen, bei mir als Tourist in Form der Reisepaß-Nummer. Ich denke, die lassen das, bevor der Bus durchs Tor fährt, durch die Computer der Homeland Security rattern. Der Bus fährt dann tatsächlich über die Basis, allerdings entlang der Wohn- und Lebensbereiche der AirForce-Familien. Man sieht die Wohnhäuser, Schwimmhalle, Clubs, ein Hotel für Gäste, den unausweichlichen 9-Loch-Golfplatz und so weiter. An die wirklich interessanten Dinge kommt die Tour nicht heran: die Flugzeuge, die Startbahn usw usw. Dafür gibt es einen Abstecher in den Übungs-Silo eine Minuteman-Atomrakete. Wir erinnern uns an die schlechte alte Zeit: die Blöcke standen sich unvereinbar mit ihren Atomwaffenarsenalen gegenüber. Hier, in diesem Silo, wurde die Wartung der Raketen trainiert. Man kann in den Silo klettern und die Rakete sehen. Mehr aber hier nicht. Die ganze Tour war etwas mager und lohnte die 7 Dollar Eintritt nicht, die ich aus irgendeinem Grund gar nicht bezahlt habe...
Nach der Ellsworth AFB ging es weiter zu einem "echten" Sight. Ich hatte davon schon im Internet beim Recherchieren gelesen, aber nicht gedacht, dass ich es zeitlich schaffen könnte. Wie oben schon erwähnt war die Ellsworth AFB ein wichtiger Stützpunkt im Cold War. Hier waren die B-52 und B-1-Flugzeuge stationiert und von aus wurden auch die Atomraketen kontrolliert. An der Interstate gibt es heute ein Launch Control Center, das nach Ende des Kalten Krieges stillgelegt wurde und heute für Interessenten zugänglich ist.

Im Bunker des Launch Control Center Delta-01

Von hier aus also wurden die Raketen überwacht und hier wäre im sogenannten Ernstfall auch der "rote Knopf" gedrückt worden. Heute kann man sich in die Kontrollzentrale tief unter der Erde hinabfahren lassen und erfährt dort einiges von dem, was hier getan wurde und was der ganze eigentliche Sinn der Sache war: es ging nämlich gar nicht hauptsächlich darum, den Tod innerhalb von 30 Minuten zu jedem beliebigen Punkt des Ostblocks zu bringen (übrigens tat dieser das gleiche, bloß in die andere Richtung). Vielmehr ging es darum, zu jeder Zeit und ständig, über 40 Jahre lang, dem Gegner zu versichern: wenn ihr uns angreift und zerstört, werdet ihr zerstört. Diesen ganzen Wahnsinn in eine Formel zusammengefaßt: "mutual assured destruction" (MAD) wechselseitige zugesicherte Zerstörung - oder das "Gleichgewicht des Schreckens" oder "nukleare Abschreckung". Alles Begriffe, die noch der ein oder andere im Ohr haben wird, die aber heute glücklicherweise keine so große Rolle mehr spielen (sie wurden von anderen Begriffen abgelöst...). Für mich war es höchst interessant, einmal an einen Ort zu kommen, wo dieser Irrsinn wirklich stattgefunden hat, mal den "roten Knopf" zu fotografieren und mal so eine Rakete sehen, denn ich denke, viele viele Leute reden über viele Dinge ohne sich um eine Kenntnis der wirklichen Hintergründe zu bemühen - abseits aller Propaganda.
Nach diesem Besuch geht es nur ein ganz kleines Stück weiter in den Badlands National Park. Hier ist wieder ein Teil dieser wunderbar vielfältigen nordamerikanischen Natur zu bestaunen. Millionen von Jahren formten ein Gebiet, dass heute so erstaunliche, aber sich immer weiter verändernde Bergwelten zeigt.

In den Badlands: die Erosion hat eine erstaunliche Landschaft geformt
Tiefe Schluchten und Canyons haben Wind und Wetter begraben.

Als das Meer über diesem Gebiet ausgetrocknet war, begannen Wind und Wetter einen Erosionsprozeß, der die lockeren lehmhaltigen Schichten abträgt. Dadurch entstehen tief eingeschnittene Schluchten, Canyons in den sonderbarsten Formen, die in der Sonne in den sonderbarsten Farben und Mustern leuchten. Man sieht die verschiedenen immer wiederkehrenden Bodenschichtungen und manchmal erscheint das Gelände wie eine Riesenkleckerburg am Strand. Und das Material ist zwar fest, aber vergleichsweise sehr locker, so dass jeder Regen und Sturm, jeder Frost beständig die Erosion vorantreibt. Aber für Euch, liebe Leser, wird bei Eurer USA-Reise noch genug davon zu sehen sein und überhaupt ist die Prärie ja riesengroß und es besteht Hoffnung, dass unter den endlosen Graslandschaften noch etliche Quadratmeilen Badlands nur darauf warten, für die Touristenscharen besonders schön zu erodieren... Denn für was anderes als zum Anschauen eignet sich das Land nicht, deshalb haben es schon die Ureinwohner als mako sica - schlechtes Land, oder eben Badlands - bezeichnet.

Wie die Kleckerburgen am Strand, nur viel größer: so sieht es in den Badlands aus.

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