25 August 2018

Eine Bootsfahrt und andere Lustigkeiten

Jo Jo ist wieder da. Wahrscheinlich hatte mein Fahrer aus Mandalay wegen der Sauere-Gurken-Saison Langeweile oder einfach Geldnöte. Jedenfalls meldete er sich nicht ganz unangekündigt, als ich gerade am Popa Mountain war und fragte, ob ich schon weiss, wie ich von dort zum Inle-See komme. Er wusste also auch, was eine günstige Reiseroute ist, ganz im Gegensatz von mir selbst, denn ich hatte für die Zeit nach Bagan gar keine Planung, ausser dass ich irgendwann Richtung Süden muss. Tja nun, wenn sich ein Fahrer schon bereithält, warum den nicht gleich zur Dienstleistung aufbieten?
Was Jo Jo nicht so genau wissen wollte war die Antwort auf die Frage, wie ich von Bagan zum Popa Mountain gekommen bin. Das hat nämlich ein Konkurrent, also sozusagen Jo Jo II. erledigt, der gleiche, der mir schon meine Bagan-Rundfahrten gemacht hat und den ich gleich für den Transfer engagiert hatte.
Die Fahrt von Bagan zum erloschenen Vulkan Popa dauerte auch nur eine knappe Stunde und 15 Minuten und bereits um 11.30 Uhr konnte ich im Hotel Popa Mountain Resort einchecken. Ein wunderschönes Hotel mitten im Dschungel und mit einem wunderbaren Blick auf den Taung Kalat, den Heiligen Berg der Nats, mit Pagode, auf der Spitze dieses Erosionsüberbleibsels, das aus der Landschaft ragt wie eine wundersame Säule. Wenn nur die ewigen Regenwolken nicht wären, die um diese Jahreszeit das Hotel, den ganzen Berg zu 80% des Tages einhüllen und ihre dicken Regentropfen fallen lassen. Was gibt es also besseres zu tun, als gleich nach dem Einchecken erstmal ausgiebig zu schlafen? Genau: nichts anderes.

Den Taung Kalat wollte ich nicht besteigen, obwohl ich mich am Folgetag auf den Weg ins Pilgerdorf gemacht habe. Direkt im Resort beginnt der Wanderpfad hinunter, vorbei an der abenteuerlich geflickten Wasserleitung und bis zum Beginn der Treppe. Im Reiseführer stand, man müsse die Treppe barfuss machen und aufpassen, dass man nicht in die allgegenwärtige Affenkacke tritt. Da war meine Treppensteigelust bereits gedämpft. Leider habe ich dann den falschen Abzweig der Strasse genommen, die mich nicht wie geplant ins Popa Village führte, sondern in stetigem bergab um den Berg herum, aber in die falsche Richtung. Und kein Netz und somit kein Google Maps zur Orientierung. Was tut man also als Tourist in Asien, wenn man was braucht? Man stellt sich etwas ungeschickt an und fragt ein paar Leute. In meinem Fall die zwei Boys am Eingang eines schicken neuen Hotels. Ob sie denn ein Tuk Tuk hätten, das mich zu meinem - anderen - Hotel zurückbringen könnte... Da müssen sie natürloch erstmal telefonieren, den Entscheide selbst treffen ist undenkbar,. Schliesslich scheint eine wichtige Person aktiviert zu sein, aber bis die kommt, lassen sie mich nicht rumstehen, sondern bieten mir einen von diesen Plastik-Stühlen an, die auf der ganzen Welt zu finden sind. Schliesslich kommt die wichtige Person: der General Manager persönlich. Und fragt mich, was ich will, wohin ich will und was ich es mir kosten lassen würde. 5'000 Kyat scheinen mir ein angemessener Preis zu sein, damit mich der Chef dieses Hotels zu einem anderen fährt. Schnell sind wir handelseinig und ich sitze das erste Mal seit Jahrzehnten wieder auf dem Sozius eines Motorrades und ich schwöre, es wird wieder ein paar Jahrzehnte dauern, bis ich mir das wieder gönne. Es sein denn, ich müsste 6 Kilometer laufen bei 30 Grad und bergauf. So weit war es nämlich inzwischen auf der Fahrstrasse, um zu meinem Hotel zu gelangen.

Man könnte am Popa Mountain noch mehr wandern die Natur erkunden, doch ich hatte die Zeit eher dafür vorgesehen, ein paar Ruhestunden einzuschieben, die ich dann auf dem Balkon und im Restaurant genossen habe. Jeweils in tropisch-luftiger Höhe und immer mit Blick auf den wunderbaren Taung Kalat.

Nach zwei wunderbaren Tagen im Reich der Vögel hiess es dann aber doch Abschied nehmen. Und das war der Moment, wo Jo Jo wieder ins Spiel kam. Wie gesagt, ich liess ihn meinen Aufenthaltsort wissen und ging auf seinen Vorschlag ein, zum Inle-See zu reisen, was letztlich eine prima Idee war. Jo Jo stand auch wie versprochen am Hotel bereit, im Auto seine Frau und ein junger Mann, ein Freund (hier sind alle "mein Ferund"). Ich dachte ja auch, dass die Fahrt zum Inle-See in etwa so lange dauert, wie die von Bagan zum Mount Popa und bei jeder Wasserfläche dachte ich: endlich, gleich gehts ins Hotel und dann etwas schlafen. Doch weit gefehlt. Die Fahrt zog sich über Stunden hin, der Weg war lang und da der See inmitten der Berge Mynmars liegt, ging es auch scharf bergauf, und zwar in unzähligen Serpentinen durch eine immerhin atemberaubende Regenwald-Landschaft. Viel wird gebaut hier und vor allem die Strassen werden, wie es scheint, touristentauglich gemacht. Dafür werden die Berge zerschnitten, breite Schneisen geschlagen, ganze Berge weggebaggert. Noch ist alles so ziemlich in Arbeit, aber schon bald wird der Verkehr wahrscheinlich vierspurig an den beschaulichen Inle-See rollen.

Wir waren dann auch irgendwann da und ja, ich freute mich auf mein Hotel. Aber dann erklärte mir Jo Jo, er hätte jetzt mit einem Freund telefoniert und der sagte, das Hotel hat keinen Strassenanschluss. Blick in die Buchung: richtig: Floating Hotel. Zudem an der Südseite des Sees, und wir kommen von Norden. Aber sein Freund hat ein Boot und das nehmen wir dann halt zur Überfahrt. So günstig ist es, wenn man Geschäftspartner kennt. Und so kam es, dass ich nach der recht wackligen Motorradfahrt am Vortag, der Serpentinenfahrt hierher, nun auch noch in den Genuss einer lustig-schwankenden Bootsfahrt über den gesamten See kam. Nicht zu vergessen: der regenzeitgemässe Regen kam pünktlich zu dem Zeitpunkt, als unser "Einbaum" ablegte. Doch das wissen die Bootseigner, es liegen Regenschirme bereit.
Aber, um es gleich zu sagen: es war wunderbar. Und da ich das so toll fand und mein schwimmendes Hotel so herrlich mitten auf dem See, zwischen Bergen und von mehreren Seiten von buddhistischen Klöstern beschallt liegt, habe ich gleich eine weitere 3. Nacht hinzugebucht.
Jetzt, beim Schreiben dieses Textes, ist die Zeit am Inle-See leider schon fast wieder vorbei. Jo Jo sorgte für eine Bootstour am ersten Tag und heute, am zweiten Tag, unternahmen wir eine Reise zum Kakku-Tempel, der bis vor wenigen Jahren für Ausländer gar nicht zugänglich war. Eine Tempelanlage mit dicht gedrängten ca. 2'000 Stupas aus den letzten tausend Jahren mit wundervoll detaillierten Skulpturen. Und in der Mitte thront der goldene Stupa, das Heiligtum. Und allem sieht man die Jahrhunderte noch an! Zwar wird repariert, aber zumindest im Moment noch nicht kaputtsaniert. Lange Zeit war die Region von bewaffneten Kämpfen erschüttert und auch heute noch gibt es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Kämpfern für einen unabhängigen Shan-Staat. Einer davon lief mir in der Pagode tatsächlich über den Weg. Ein etwas abgerissen aussehender Typ mit umgehängter Kalaschnikow... da wird einem schon komisch zumute, wenn man das sieht...

Die gestrige Seenrundfahrt soll auch nicht ganz unerwähnt bleiben, zumal in Anbetracht meiner Bemühungen, jeglichen Touristenfallen aus dem Weg zu gehen. Wer geführte Touren kennt - und als solche bezeichne ich meine durch Jo Jo geleistete Fürsorge inzwischen - weiss, dass sowas nicht ohne Fabrikbesuch abläuft: zuerst besucht man eine (beliebige) Produktionsstätte. Dort wird dem Gast und geschätzten künftigem Kunden genau der Produktionsprozess erklärt, wobei sich jedem gleich die Frage stellt, ob die Leute hier nur arbeiten, wenn Besuch im Haus ist. Schliesslich, wenn die einzelnen Schritte ausführlich, aber wiederum nicht allzu lange, erläutert wurden und der Besucher ausreichen Fotos von der absolut authentischen Produktionsstätte gemacht hat, wird man geschickt zum Shop geleitet, der zufällig genau auf dem gleichen Weg ist, wie der Ausgang. Jo Jo und seine/meine Freunde warten derweil, während ich mir nochmal Baumwoll-Seiden-Schals, Hemden und Hüte zeigen lasse, desgleichen Holzschnitzereien (in einer Bootswerft), Silberschmuck in einer Silberschmiede usw. Einzig in der Zigarrenfabrik habe ich leichtes Spiel. Ich bin Nichtraucher. Komischerweise fällt es mir dort am leichtesten, in die aufgestellte Tip-Box meine 1'000 Kyat einzuwerfen.
Einen Schal habe ich übrigens dann doch noch gekauft, weil er mir so gut gefiel.

Morgen geht es leider schon wieder weiter. Am Inle-See wäre ich gerne noch geblieben. Einfach nur so. Um den Booten zuzusehen, selber mit einem über den See zu schippern oder einfach nur, um auf dem Balkon meines schwimmenden Hotels zu chillen. Leider geht das nicht, denn ich muss mich nun aufmachen, um rechtzeitig in den Süden des Landes zu kommen.


Der Taung Kalat - Wohnort der Nats, der Schutzheiligen Myanmars.

Besuch in einer Weberei...

... und in einer Zigarrenfabrik.

Jo Jo legt Blattgold auf die Buddhas, die nicht mehr erkennbar sind...

Mädchen und Frau der Padaung. Tradition mit Halsringen...



Bei der Kakku-Pagode

Mittendrin







Detail. Ist es nicht schön, wie auch die Natur ihren Platz in Anspruch nimmt?


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