31 August 2018

Rangun - Yangon

Kirchenglocken, Muezzin, buddhistische Glöckchen an Pagoden, hinduistische Prozessionen durch die Stadt und auch eine Synagoge: das ist das erhaltene Stadtbild im Zentrum der alten Hauptstadt Myanmars. Ich fühle mich sehr unvollständig. Vom Hotelzimmer habe ich den fantastischen Blick über die Stadt, aber aufgemacht habe ich mich maximal bis zur Shwedagon-Pagode und der Kathedrale St. Mary's. Und ich habe das Getümmel erkundet, welches sich im direkten Umfeld der Junction City - so heisst der Neubau-Komplex - ausbreitet. Hier, in Little India oder Chinatown tobt das wahre Leben der Stadtbevölkerung. Wie gestern schon beschrieben reiht sich ein kleiner, kleinster Laden an den anderen und verkauft von Gummilatschen bis Gummistiefel alles, was der hiesige Stadtbewohner braucht.
Ich habe mich heute, an meinem letzten vollen Tag hier, nur etwas treiben lassen. Die Gassen rauf und runter, gelegentlich mal in die Markthallen rein. Vor allem habe ich die noch vorhandene Bausubstanz aus der Kolonialzeit bestaunt. Viel ist davon erhalten, aber in traurigem Zustand. Die Jahre der Isolation haben Rangun - Yangon - nicht so wachsen lassen, wie andere Städte in Südostasien. Und Geld und Wille fehlte wohl, sich um die Prachtbauten des britischen Empire zu kümmern. Jetzt stehen die, ziemlich mitgenommen vom Tropenklima, auf Grund und Boden, der stetig an Wert zunimmt, genauso wie die Wirtschaft und die Bedeutung von Yangon wächst. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das alles entweder von alleine zusammengefallen ist oder - und das ist viel wahrscheinlicher - bis die Bagger anrücken, um Platz zu schaffen, für neue Glitzertürme. Die Markthalle "Bogyoke Aung San Market", die meinem Hotel gegenübersteht (die mit dem Touristenkram) wird wohl als nächstes weichen, denn wie ich heute festgestellt habe, gibt es bereits einen "New Bogyoke Market", der gleich in meinen Hotelkomplex unten eingebaut ist. So geht das: Ausweichquartier mit Wolkenkratzer darüber bauen. Dann kann der zweigeschossige Altbau auf der anderen Strassenseite weg für den nächsten Wolkenkratzer. Schade, aber das ist der Trend in Shanghai, Penking, Bangkok und auch in Yangon - praktisch überall in den aufstrebenden Südostasia-Staaten.

Die Synagoge, die einzige in ganz Myanmar, steht unter Denkmalschutz. Die Juden kamen, als mit der britischen Besetzung die Händler aus Indien und Nahost kamen. 2000 Personen umfasste einst die Gemeinde. Heute sollen es noch 20 sein und jeden Freitag Abend hoffen sie, dass die mindestens 10 zum Gebet nötigen Männer erscheinen, was selten der Fall ist. Mehr Touristen aus Amerika, Europa, auch Israel sind vielleicht die Chance für einen Trend nach oben. Auch da hilft die Öffnung des Landes, das ansonsten durch und durch buddhistisch geprägt ist.

Es gäbe noch viel mehr zu finden, aber die Zeit ist vorbei. Vielleicht, so stelle ich es mir gerade vor, wird ein Zweitbesuch möglich, dann mit etwas mehr Erfahrung und vielleicht auch mehr Zeit.

Von Jo Jo, meinem Fahrer aus Mandalay wollte ich eigentlich gestern schon schreiben. Jo Jo ist inzwischen wieder in seiner Heimatstadt Mandalay und wartet wahrscheinlich sehnlichst auf Kunden, dort am Fusse des Mandalay Hill. Jetzt ist Nebensaison, da hat es ein Fahrer, der auf Touristen angewiesen ist, nicht einfach. Vielleicht wird ihn auch seine Frau begleiten, so wie sie tatsächlich bis nach Yangon mit von der Partie war und vom Rücksitz aus die Fahranweisungen durchgab: "Rechts - Links - Geradeaus!" und vor allem: "Frei zum Überholen" (weil Jo Jo von seinem Rechtslenker aus nichts sehen konnte). Und das alles natürlich auf burmesisch. Am Ende der Fahrt konnte ich das fast selber sagen...
An meinem Hotel haben sie mich schliesslich abgesetzt und sich auf den langen Heimweg gemacht. Eine schöne Zeit war das und eine nette und erfrischende Gesellschaft. 

Nachfolgend ein kleines Foto-Potpourri aus Yangon:

Architektonisches Kolonialerbe:
Deutlich sind die Spuren von 70 Jahren Vernachlässigung und Tropenklima zu erkennen. 




Neueres Bausubstanz-Erbe:
Manchmal wächst die Flora direkt aus der Fassade raus - Wofür manche Architekten schon Preise bekommen haben, geht hier ganz von alleine...




Leben in der Stadt

Die Tora-Rollen in der Synagoge

Die Lotterie ist für viele Menschen wichtig...

Computerzubehör...

Alle Eier in einem Korb...

Hier bekommt man wirklich alles, was der Grosstädter zum Überleben braucht

Gemüsemarkt auf der Center Line



Ohne Zeitung geht's nicht... Auch nicht im Hemdenladen.


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