21 August 2018

Überlandfahrt mit Gästen und anderen Hindernissen


 Am Samstag, dem 18. August, morgens um 8.30 Uhr war ich erneut mit Jo Jo verabredet. Bei der vorabendlichen Verhandlung der Abreisezeit hatte ich mir eine halbe Stunde mehr Zeit ausbedungen. Schliesslich musste ich ausschlafen und darüber hinaus mein ganzes Zeugs einpacken, von dem ich bereits am ersten Tag ahnte, dass ich vieles davon hätte zu Hause lassen können. Jedenfalls so wie ich reise, benötige ich kein eigenes Toilettenpapier und auch die langärmligen Tropenhemden vom ersten und letzten Afrika-Besuch werden wohl nicht benutzt werden. Egal, jedenfalls liess ich mir die Ruhe des Frühstücks im Hotel nicht nehmen und war trotzdem pünktlich fertig und abreisebereit. Die erste Überraschung des Tages kam dann auch gleich: im Auto sass eine junge Dame, die mir Jo Jo als seine Ehefrau vorstellte und ich hätte doch nichts dagegen, wenn sie uns heute begleitet. Zu Hause fühlt sie sich so einsam. Okay, dachte ich, dass lässt sich wohl machen. Als das geklärt war und wir bereits auf der Hauptstrasse fuhren, kam die nächste Überraschung: ob denn auch Jo Jo’s Eltern mit nach Bagan kommen könnten? Was soll man dazu sagen? Das Gepäck ist verladen, die Fahrt ist bereits im Gange. Soll man da ablehnen? Als Hauptsponsor des Tages hätte ich das sicher tun können, aber was dann? Also habe ich mein Einverständnis erklärt und tatsächlich: die Eltern stehen bereits gestiefelt und gespornt an ihrer Strasse und verladen sogleich die Wegzehrung und kleines Zusatzgepäck und besteigen den Wagen. Nun sind wir also zu fünft unterwegs und die Familie hat einen schönen Wochenendausflug nach Bagan, gesponsort vom reichen Touristen aus dem Westen. Gut, es war auch keine Belastung für mich und ich denke mir, wenn das mein Beitrag zum Umweltschutz ist (Fahrgemeinschaft) und ich so einen weiteren Beitrag zur Völkerverständigung leisten kann, dann soll es in Ordnung sein.  Und die Familie sollte ja im Tagesverlauf auch noch ihre Kompetenzen in Sachen Reifenwechsel zum Beweis bringen können.

Jo Jo hatte mir die Route erklärt. Zuerst fahren wir nach Monywa, zur Bodhi-Tataung-Pagode mit einem liegenden Buddha und dem zweitgrössten stehenden Buddha der Welt. Das würde etwa 2.5 Stunden dauern. Ziemlich genau nach dieser Zeit waren wir, die ganze internationale Familie, tatsächlich vor Ort und ich staunte nicht schlecht. Eine 130 Meter hohe Buddha-Statue glänzt in der stechenden Tropensonne. Jo Jo entlässt mich wie üblich mit dem Hinweis, wo er warten wird. Ein kleines Stück laufe ich mit seinen Eltern noch mit, die im übrigen sehr freundlich sind und sich via Herrn Jo Jo sen. auch etwas auf Englisch verständigen können. Am Eingang zur Statue bin ich dann auf mich gestellt. Schuhe abziehen, über die kochend heissen Marmorplatten hüpfen und schnell rein in den Buddha. Die Frage war für mich nur: mache ich den Aufstieg, ja (aber dann vollständig) oder nein?
Der hoffnungsvoll stimmende Aufzugsturm hinter der Statue entpuppte sich als ewige Baustelle und auch die Angabe im Reiseführer, wonach erst 16 Etagen begehbar sind, erwies sich als überholt. Das Bauvorhaben befindet sich im Status dazwischen: alle 30 Etagen sind begehbar, aber nur über die Treppe! Und keine Klimaanlage im Inneren…
Also was soll’s, ich beginne und beende meinen Aufstieg durch den Buddha und erlebe eine Welt voller wundersamer buddhistischer Werke aus aller Welt. Jede Etage hat offenbar einen Hauptsponsor, viele aus den USA bzw. Europa und scheinbar ist jede Etage einem Thema gewidmet. Manches ist gut erkennbar, zB. die Jungfrauengeburt Siddhartha Gautamas: aus der Achselhöhle seiner Mutter Maya, die sich an einem Baum festhält. Und der kleine macht gleich sieben Schritte.
Andere Darstellungen sind dagegen nicht so einfach zu verstehen. Mehrere Etagen sind ausgesprochen bildhaften Gewalttätigkeiten gewidmet, die so gar nicht zum Klischee des Buddhismus passen. Die Erklärungen dazu leider nur in birmanischer Sprache und vielleicht findet sich an dieser Stelle ein kundiger Leser, der dieses erklären kann. Ich würde mich freuen.

Auf zum nächsten Ziel - wohlgemerkt, an einem Tag, an dem noch die Stadt Bagan erreicht werden muss: die Thanboddhay-Pagode in Monywa. Erbaut erst in den vierziger und fünfziger Jahren, macht sie aber einen ganz und gar historischen Eindruck. Mein Guide Jo Jo verweist mich noch auf den Wachturm, ein lustiges Türmchen, auf das eine abenteuerliche Treppe aussenherum hinaufführt. Asiatische Grössenverhältnisse und vorsorglich für Frauen gesperrt («Females are not climb» steht unten dran und das kann sich ja mal jeder selber übersetzen…)

Danach weiter zum letzten Ziel des Tages, die Grottenbuddhas in Pho Win Taung. Ein mehrteiliges und weitläufiges Areal mit unzähligen, aus dem Sandstein geschlagenen Höhlen, in denen nur der Buddha sitzen geblieben ist. Alles etwas verwittert und von der Natur in Beschlag genommen.
Dann war – endlich – Abreise und die eigentliche Fahrt nach Bagan, ca. 100 km entfernt, begann. Verstohlen warf ich immer mal wieder einen Blick auf Google Maps und die Route und die Zeit wurde und wurde nicht kürzer, wohingegen der Himmel dunkler und dunkler wurde. Ein Monsunsturm zog sich ziemlich konsequent über der Strasse zusammen und tatsächlich pladderte bald der Regen so stark, dass keine 50 Meter Sicht mehr möglich waren. In Kürze war die Strasse ein fast durchgängiges Wasserbett und ich dachte: nur gut, dass dieser Kleinlaster mit seiner einen Rückleuchte vor uns fährt. Soll doch der den Weg spuren. Dann liess der Regen nach und Jo Jo liess den Laster ziehen. Irgendetwas stimmte am Auto nicht. Seine Frau plapperte aufgeregt, Jo Jo zischte irgendwas (Übersetzung zweifelhaft, aber vorstellbar) und erklärte mir dann, dass wir einen Platten hätten, aber das würde in kurzer Zeit behoben sein und ich könne ruhig im Auto sitzen bleiben. Letzteres kam mir dann doch etwas zu kolonial vor und ging auch gar nicht. Schnell griff nämlich die ganze Familie zu – gut dass man sie dabei hat. Der Kofferraum musste ausgeräumt werden, damit man an das Reserverad kommt. Alle Koffer raus, aber damit sie nicht im Regen stehen, alles auf die Sitze packen. Dann das Reserverad losschrauben, was die Ehefrau übernimmt. Der Vater sperrte inzwischen die Strasse mit Steinen ab, also das, was bei uns das Warndreieck ist. Radmuttern lösen, weggesprungene aus der Pfütze fischen und saubermachen, plattes Rad weg, «neues» dran… Mir blieb am Ende nichts anderes zu helfen, als den Regenschirm zu halten, wobei das bei Gewitter, welches inzwischen wieder einsetzte, ein mir äusserst unangenehmer Job war. Aber was hilft es, das Rad muss gewechselt werden und es wurde gewechselt. Binnen 20 Minuten war die Sache erledigt, wobei es auch deswegen etwas schneller ging, da nicht alle Radmuttern in Betrieb waren.
Auto einpacken, Steine von der Strasse wegräumen (!) und abfahren. Inzwischen hatten Blitz, Donner und Regen wieder ein beängstigendes Ausmass erreicht. Und es waren immer noch knappe 80 Kilometer zu fahren. Welcher Mensch stellt sich in so einer Situation nicht auch die Frage danach, was passiert eigentlich, wenn jetzt noch ein Rad plattgeht? Schliesslich wurde der Vorrat an Reserverrädern gerade aufgebraucht…

In stockdunkler Nacht und bei strömendem Regen war das Hotel dann schliesslich gegen 21.00 Uhr erreicht. Leider das falsche. Also nochmal eine kleine Runde und dann aber richtig. Etwa 21.10 Uhr konnte ich Jo Jo, meinen treuen und zuverlässigen Fahrer bezahlen, mich verabschieden, mein Zimmer beziehen, schnell duschen und gerade noch vor Betriebsschluss etwas im Restaurant essen und trinken. Die Tempelwelt von Bagan hatten wir schon durchfahren, davon war aber in der Dunkelheit nichts zu sehen. Dazu werden dann die kommenden zwei Tage genutzt.

Mandalay dagegen liegt hinter mir. Eine interessante Stadt, voller goldener Pagoden und Tempel und mit recht netten Menschen. Ich denke, Taxifahrer Jo Jo ist da repräsentativ für die überwiegende Mehrheit der Myanmarer.


Die 130m hohe Statue des stehenden Buddhas.

Liegender Buddha - Detail

Nochmal der ganze liegende Buddha - ca. 90 Meter lang.

Der Pilger muss sich - barfuss - zu Fuss auf den Berg bemühen.
Hindurch durch die Händler. Das haben sie irgendwo abgeschaut...




Die Buddhas bewachen ihre Pagode.

Von überall her schauen die Buddhas herab.

Ein lustiges Wachtürmchen

Die Pagode vom Wachturm aus gesehen.

Aus dem Sandstein gescharbeiteter Buddha (einer von vielen)

Der goldene Frosch verabschiedet uns...

So sieht es übrigens in Buddhas Kopf aus...




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